Ein Kommentar von CRI:
Die Machtübergabe in den USA fand statt. Nun stellt sich die Frage, ob der Riss bei den transatlantischen Beziehungen nun doch bald repariert werden könnte?
Trotz der wiederholten Versprechen von US-Präsident Joe Biden, die transatlantischen Beziehungen zu reparieren, hat die Stellungnahme des neuen US-Außenministers Antony Blinken in Bezug auf die Blockade der Fertigstellung von Nordstream 2 die Europäer tief enttäuscht. Für Europa handelt es dabei um die Energiesicherheit, was aber in den Augen der Amerikaner offenbar weniger wichtig ist, als Russland zu begrenzen und nicht zuletzt das eigene Erdgas zu verkaufen.
Nordstream 2 ist natürlich nicht der einzige Streitpunkt. Die aufgeschobene Lieferung des COVID-19-Impfstoffs von US-Pharmakonzern Pfizer an die EU hat auch den Zorn mehrerer EU-Staaten ausgelöst. Hier gehen Analysten davon aus, dass Pfizer die Impfung in den USA zur Priorität gemacht habe und deswegen die Lieferung in die EU verschieben müsse. Dies hat zweifellos die bereits sensiblen transatlantischen Beziehungen überschattet.
Daher kann man wohl zum Ergebnis kommen, dass die Beziehungen zwischen der EU und den USA nicht so leicht durch einen Personalwechsel wiedergutgemacht werden können. Einerseits lassen sich die alten Probleme nicht in Luft auflösen, sei es bei Luftfahrtsubventionen oder der Digitalsteuer oder bei Nordstream 2. Die Entscheidungsträger beider Seiten stehen auch unter innenpolitischen Druck. Andererseits wird der strategische Schwerpunkt der US-Außenpolitik bereits auf die Region Indo-Pazifik verlagert. Das bedeutet, dass eine weitere Zunahme der wirtschaftlichen und militärischen US-Investition in Europa nicht mehr realistisch ist.
Auch die Volksstimmung ist inzwischen erschüttert worden. Einer jüngsten Umfrage der Denkfabrik European Council on Foreign Relations zufolge haben die meisten Befragten in Europa die USA für unzuverlässig gehalten.
Analysten haben darauf hingewiesen, dass der grundlegende Streitpunkt zwischen Europa und den USA darin liege, dass Washington hoffe, mit Europa eine Allianz mit den USA in leitender Rolle zu etablieren, um die US-Dominanz weiter zu festigen, während die europäische Seite eine eher gleichberechtige Partnerschaft mit mehr strategischer Unabhängigkeit vorsehe. Dieser strukturelle Widerspruch lässt sich nur schwer lösen, egal wen die USA als Präsident haben. Die Reparatur des Risses bei den transatlantischen Beziehungen ist schließlich leichter gesagt als getan.