Die USA haben vor kurzem den Abzug von fast 12.000 US-Soldaten aus Deutschland angekündigt. Etwa die Hälfte des versetzten Personals wird auf das Staatsgebiet anderer europäischer NATO-Verbündeter wie Belgien, Italien und Großbritannien verlegt, während der Rest in die Vereinigten Staaten zurückkehrt. Die USA könnten außerdem ihre Truppenpräsenz in den baltischen Staaten aufstocken. Die Überlegungen riefen in Deutschland Besorgnis und Unzufriedenheit hervor, während sie von Russland als „feindlich“ bezeichnet wurden. Der Truppenabzug ist auch in den USA umstritten.
Zurzeit befindet sich in Deutschland die zweitgrößte Garnison amerikanischer Truppen im Ausland, mehr US-Soldaten sind nur in Japan stationiert. Welche Auswirkungen wird der plötzliche Abzug eines Drittels dieser Soldaten auf die beteiligten Parteien haben? Und wer profitiert davon?
Der Internationale Währungsfonds IWF prognostizierte, dass die deutsche Wirtschaft als Folge der COVID-19-Epidemie im laufenden Jahr um 7,8 Prozent schrumpfen werde. Der Abzug der US-Truppen könnte die Wirtschaft an einigen Orten jäh verlangsamen oder sogar zum Erliegen bringen. In der Konsequenz droht eine höhere Arbeitslosenquote. Die Ministerpräsidenten von vier deutschen Bundesländern mit Präsenz von US-Truppen hatten sich daher in einem gemeinsames Schreiben an den US-Kongress gewendet und vorgebracht, dass der Abzug der US-Truppen aus Deutschland zu einer Katastrophe führen werde.
Können die USA aus all dem einen Vorteil ziehen? Die Infrastruktur der Militärstützpunkte in Deutschland ist in ausgezeichnetem Zustand, und ein groß angelegter Rückzug würde zu einer unnötigen Kostenexplosion führen. Laut Heather Conley, einer Expertin des US-Zentrums für strategische und internationale Studien „begehen die Vereinigten Staaten strategischen Selbstmord, indem sie einerseits ständig das Vertrauen ihrer Verbündeten untergraben und andererseits die NATO schwächen“.
Vertrauen kann quasi über Nacht zerstört werden, es wiederaufzubauen hingegen ist zeitaufwändig und mühsam. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die USA große Mengen an personellen und materiellen Ressourcen in den Aufbau der transatlantischen Beziehungen investiert. Sind diese Beziehungen durch einen Truppenabzug zerrüttet, wird die Reparatur des Schadens und der Wiederaufbau von Vertrauen eine Menge Geld kosten.
Ob im Weißen Haus schon überlegt und nachgerechnet wurde, ob dies einen Gewinn oder einen Verlust bedeutet?