Pflanzenschutz im Beijinger Sommerpalast

2022-06-02 08:00:00

Ein Wurm hat es leicht, sich im Beijinger Sommerpalast zu verstecken: In dem kaiserlichen Garten gibt es mehr als 60.000 Bäume und Sträucher. Selbst das Sonnenlicht kann sich kaum einen Weg durch das Laub bahnen und auf den Boden dringen. Insekten waren sozusagen die Herrscher dieses Geländes bis der Sommerpalast eigens für die Kaiserinwitwe Cixi am Ende der Qing-Dynastie (1644-1911) gebaut wurde.

Um die Bäume des Gartens vor Schädlingen und Krankheiten zu schützen, setzt die Gartenverwaltung des Sommerpalastes ein spezielles Pflanzenschutzteam ein. Auch im Informationszeitalter ist der Einsatz von Überwachungskameras und vernetzten Computern für das Pflanzenschutzteam weit weniger wichtig als die Beine der Mitarbeiter und ihre Erfahrung ist das beste Nachschlagewerk. Das Kernstück der Arbeit des Pflanzenschutzteams ist die Einschätzung von Schädlingen. Die Mitarbeiter müssen ständig im Sommerpalast herumlaufen und Schädlinge finden sowie aufzeichnen, wenn sie welche entdecken. In einem abgefallenen Blatt einer Akazie können sich Spuren einer roten Spinne verbergen. Keine Anomalie an den glänzenden Blättern, an verdunkelten und vergilbten Baumkronen darf dem Pflanzenschutzteam entgehen. Manchmal schauen sie auch von den Booten auf dem Kunming-See aus auf den Wanshou-Berg und stellen in der Ferne Anomalien in den Bäumen fest.

Den Pflanzenschützern zufolge gibt es im Sommerpalast mindestens 30 Arten von Blattläusen. Daher ist der Versuch, alle Schädlinge im gesamten Garten zu erfassen, selbst für einen Entomologen nicht einfach.

Im Jahr 2008 verließ Wang Shuang ihr Labor, um sich am Kampf gegen die Pflanzenschädlinge im Sommerpalast zu beteiligen. Die 28-jährige Doktorandin wusste, dass ihr Hauptfach zwar Pflanzenschutz war, sie aber zuvor nur mit Nutzpflanzen zu tun gehabt hatte und sie sich eher auf Pflanzenkrankheiten als auf Schädlinge spezialisiert hatte, sodass sie fast keine Ahnung von Gartenpflanzen hätte. Ein paar Jahre zuvor hatte sie nicht einmal eine Magnolie gekannt.

Um so früh wie möglich zu lernen, Pflanzen und Insekten richtig zu identifizieren, hatte Wang Shuang immer ein kleines Notizbuch dabei, wenn sie erfahrenen Mitarbeitern bei ihren Gartenrundgängen folgte. Sobald im Garten eine neue Schädlingsart auftrat, lief sie sofort hin, um sie zu beobachten und aufzuzeichnen. Nach etwa einem Jahr hatte sie bereits eine allgemeine Vorstellung der Baumarten und Schädlinge.

Jedes Jahr im Frühjahr hat das Pflanzenschutzteam alle Hände voll zu tun. Es ist die Jahreszeit, in der die Wollläuse auf den Pappeln als erste aus ihrer Ruhephase erwachen, aus dem Boden kriechen und bei steigenden Temperaturen die Bäume hochklettern. Im März und April beginnen die Blattläuse, die sich in den Kiefern und Zypressen verstecken, zu erwachen und Schleim zu produzieren. Auch im Hochsommer sind die Pflanzenschützer nicht untätig, da die Blätter dicht wachsen und blattfressende Käfer und Motten einziehen. Im Winter gehen sie in der Regel los, um die Insektenpuppen auszugraben und so den Arbeitsaufwand für die Schädlingsbekämpfung im kommenden Jahr zu verringern. Im Winter, wenn die Bäume nicht mit Laub bedeckt sind, wird außerdem eine Baumuntersuchung durchgeführt, um festzustellen, ob Löcher im Stamm vorhanden sind und ob die Bäume im Gleichgewicht wachsen.

Die Mitarbeiter sind stolz darauf, Pflanzenschützer zu sein. Sie lieben ihre Arbeit, egal wie hart sie ist. Das jüngste Mitglied des Pflanzenschutzteams ist Shen Feng. Jeden Tag ist er von der Schönheit des Sommerpalastes verzaubert, vor allem dem Wanshou-Berg, der inmitten des kaiserlichen Gartens ragt und von unzähligen Arten von Vegetation umgeben ist. Am Ende eines jeden Tages steht Shen Feng kurz auf dem Wanshou-Berg, riecht den Duft der Kiefern und Zypressen und blickt auf die Schönheit des Gartens. Er findet: „Jeder Tag ist wunderschön.”

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