30 Grad nördlicher Breite ist eine seltsame und geheimnisvolle Linie, an der das Klima äußerst günstig ist und daher eine große Artenvielfalt herrscht. Die Gemeinde Lin‘an in der ostchinesischen Provinz Zhejiang liegt genau auf diesem Breitengrad und hat seit jeher den Ruf einer „biologischen Genbank“.
Schwarze Muntjac und südchinesische Sikahirsche ziehen durch die Wälder, Weißhals-Langschwanzfasane schweben durch die Luft und seltene Pflanzen wie südliche Rotbuche und Tianmu-Eisenholz wachsen auf diesem fruchtbaren Boden. In den vergangenen zehn Jahren wurden in den beiden Naturschutzgebieten in der Gemeinde Lin‘an in der Stadt Hangzhou mehr als 80 neue Arten entdeckt. Die beiden Naturschutzgebiete haben sich aktiv um den Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt bemüht und dabei bemerkenswerte Ergebnisse erzielt.
Im westlichen Tianmu-Gebirge in Lin‘an wachsen die einzigen fünf verbliebenen Tianmu-Eisenholzbäume der Welt. Entlang einer Landstraße wächst der größte dieser seltenen Bäume, der inzwischen über 300 Jahre alt ist. Die anderen vier wachsen inmitten einer Teeplantage in einem der beiden Reservate. Yang Shuzhen, Botanikerin im Zhejiang Tianmu Mountain National Nature Reserve, erklärt: „Die fünf Tianmu-Eisenholzbäume sind alle von Bambuswäldern umgeben, was ihre Bestäubung erschwert.“ Der Tianmu-Eisenholzbaum habe Probleme mit dem natürlichen Fortpflanzungsmechanismus und sei prinzipiell nicht in der Lage, sich an Veränderungen in der Umwelt anzupassen, so Yang weiter. „Aufgrund der unterschiedlichen Blütezeiten ist die Fortpflanzungskapazität des Tianmu-Eisenholzes extrem begrenzt. Die männlichen Blüten blühen um den 10. April und die weiblichen um den 15. April und sie blühen jeweils lediglich eine Woche lang. Das bedeutet, dass sie nur an zwei Tagen im Jahr bestäubt werden können, sodass sie nur wenige Nachkommen erhalten.“
Botanikern zufolge bergen die fünf Tianmu-Eisenhölzer die Geheimnisse der Pflanzengenetik und ihr Forschungswert ist unschätzbar. Es sei daher dringend notwendig, diese bedrohte Baumart zu retten. Die Reservat-Verwaltung hat ihre Bemühungen zum Schutz der Tianmu-Eisenholzbäume daher verstärkt und versucht, ihre Wildpopulation wiederherzustellen.
Nach jahrzehntelanger sorgfältiger Aufzucht und Pflege wurden inzwischen mehr als 3.000 Nachkommen der Tianmu-Eisenholzbäume erfolgreich gezüchtet. In den Provinzen Hubei und Guangdong sowie in der Stadt Shanghai wurden insgesamt 16 Stützpunkte für umgesiedelte Eisenhölzer eingerichtet, in denen sich ihre künstlichen Populationen als erfolgreich erwiesen haben.
Die beiden Naturschutzgebiete in Lin‘an beherbergen außerdem etwa 300 Südchinesische Sikahirsche, eine national geschützte Tierart. Da es auf dem chinesischen Festland aktuell nicht einmal mehr 2.000 Exemplare gibt, ist Zoologen zufolge jeder einzelne von ihnen äußerst wertvoll. Zhang Shuyan, ein Parkwächter in einem der beiden Naturreservate, hat in den vergangenen drei Jahrzehnten mit seiner Kamera wertvolle Bilder des Südchinesischen Sikahirsches aufgenommen. Selbstverständlich zeugen seine Fotos auch von den augenfälligen Erfolgen bei der Erhaltung dieser seltenen Tierart.