Phuntsok Tsering hatte einmal eine wilde Idee: „Wie schön wäre es, wenn ich nur einen Schuh kaufen könnte und den zum halben Preis des Paars!“ Der 32-Jährige stammt aus einem Dorf in Lhasa im westchinesischen Autonomen Gebiet Tibet und hat im Jahr 2000 bei einem Verkehrsunfall seinen linken Fuß verloren. Bei einem normalen Paar Schuhe war der linke Schuh daher nutzlos.
Jedes Mal, wenn er ein neues Paar Schuhe kaufte, wünschte er sich, jemanden zu finden, der den linken Schuh brauchte. Vor etwa zwei Jahren traf er dann Ngawang Tendar bei einem Rollstuhlbasketballspiel, das ein gemeinsamer Freund von ihnen organisiert hatte. Ngawang Tendar ist 35 Jahre alt und arbeitet seit sieben Jahren als Arzt in Lhasa. Er verlor bei einem Unfall im Alter von acht Jahren sein rechtes Bein. Phuntsok Tsering und Ngawang Tendar wurde schnell Freunde und „Schuhpartner“, da sie die gleiche Schuhgröße tragen. „Seitdem haben wir uns jedes Mal die Schuhe geteilt, wenn wir neue gekauft haben“, sagt Phuntsok. Er erinnert sich daran, dass sie sich zum ersten Mal ein Paar Turnschuhe geteilt haben, da sie beide gerne Sport treiben.
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Früher trug Phuntsok etwas, das sein Vater aus einem alten Schuh und einem zusammengenähten Stück Reifen erfunden hatte. Es sah nicht gut aus und wenn er es trug, war das linke Bein immer noch kürzer als das andere. „Ich hatte immer davon geträumt, wieder so laufen zu können, wie vor dem Unfall“, erklärt Phuntsok. Ein lokaler Prothesen-Hersteller enttäuschte ihn jedoch jedes Mal, wenn er nachfragte.
Im März kam die Wende. Ein Freund sagte Phuntsok, er könne versuchen, eine kostenlose maßgeschneiderte Prothese zu beantragen, da die Region jedes Jahr Mittel für diesen Zweck bereitstelle. „Ich hatte das Glück, einen ‚Schuhpartner‘ zu finden und jetzt bin ich noch glücklicher, dass ich kostenlos eine Prothese bekommen habe.“ Phuntsok erinnert sich noch genau daran, wie er seine Prothese in einer Werkstatt zum ersten Mal sah. Nachdem er sie genau unter die Lupe genommen hatte, befestigte er sie mit Begeisterung. Dann nahm er einen neuen linken Schuh heraus und zog zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten wieder ein ganzes Paar Schuhe an. Mit festen, selbstbewussten Schritten ging Phuntsok in der Werkstatt hin und her, grinste und bedankte sich bei allen, die ihn begleiteten. Jorlek, einer von Phuntsoks Freunden, sagt: „Er ist viel positiver als früher. Er hat vor einem Monat seine Freundin geheiratet, ein Auto gekauft und ein neues, glückliches Leben begonnen.“
Im Jahr 2021 hat Tibet rund 13 Millionen Yuan RMB (1,8 Millionen Euro) für Rehabilitationsmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen ausgegeben, darunter für Hilfsmittel für 2.900 Menschen. Der Leiter des tibetischen Rehabilitationszentrums für Menschen mit Behinderungen, Champa Pedron, sagt: „Jetzt können wir den Menschen mit Behinderungen kostenlos grundlegende Hilfsmittel zur Verfügung stellen, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. In Zukunft werden schrittweise noch fortschrittlichere Hilfsmittel für diese Menschen in Tibet eingeführt.“