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Li Yueheng ist zehn Jahre alt. Früher erhielt der Beijinger Grundschüler jede Woche mehrere Nachhilfestunden in Chinesisch, Mathematik und Englisch. Diese Kurse wurden jedoch in diesem Halbjahr ausgesetzt, da die chinesischen Zentralbehörden vor etwa vier Monaten Maßnahmen ergriffen haben, um die umstrittene Nachhilfeindustrie für Grund- und Mittelschüler einzudämmen. Seine Mutter, Lu Junchen, erklärt, er bekomme nun mehr Schlaf und habe sogar etwas Gewicht verloren, da er mehr Sport treibe. „Er mochte den Nachhilfeunterricht nicht und beschwerte sich oft darüber. Ich wollte ihn nicht leiden sehen, aber der Gruppenzwang, die Angst und sogar die Furcht, etwas zu verpassen, haben uns Eltern und die Kinder in einen endlosen Wettlauf miteinander gezwungen, indem sie so viele Nachhilfekurse wie möglich belegen mussten.“
Eine Ende Juli von den zentralen Behörden herausgegebene Richtlinie verbietet die Genehmigung von neuen Nachhilfeinstituten für Grund- und Mittelschüler, während bestehenden Instituten der Unterricht an Wochenenden, nationalen Feiertagen und während der Sommer- und Winterferien untersagt wurde. Die Richtlinie verpflichtet Schulen außerdem dazu, die Menge und den Schwierigkeitsgrad der Hausaufgaben zu verringern sowie Dienstleistungen nach dem Unterricht anzubieten, die den Bedürfnissen der Schüler und Eltern entsprechen.
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Wang Jinli, Lehrerin an der Zweiten Beijinger Experimental-Grundschule, erklärt, die Schule biete schon seit langem kostenlose außerschulische Aktivitäten an, die früher jedoch wenig Anklang bei den Eltern gefunden hätten. In diesem Halbjahr sei die Beteiligung erstmals auf mehr als 90 Prozent gestiegen. Zu den zweistündigen außerschulischen Aktivitäten an jedem Wochentag gehörten Interessengruppen, Sportgruppen, akademische Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung.
Die Rückmeldungen von Schülern und Eltern seien insgesamt sehr positiv, so Wang weiter. Schüler könnten im Grunde alle Hausaufgaben in der Schule erledigen und Eltern sparten das Geld, das sie sonst für Nachhilfeunterricht bei privaten Einrichtungen ausgegeben hätten.
Su Hui, stellvertretende Schulleiterin der Zweiten Beijinger Experimental-Grundschule, sagt, die Schüler hätten ohne die Nachhilfestunden nun mehr Zeit fürs Lesen und für den Sport. Lernen sei ein lebenslanger Prozess. Das sei wichtiger als gute Noten, Eifer und Lerngewohnheiten der Schüler zu entwickeln.
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Luo Lin, stellvertretende Schulleiterin der Fengtai Experimental-Schule, hebt die Bedeutung der Berufsausbildung in China hervor. Viele Eltern versuchten alles zu tun, um zu verhindern, dass ihre Kinder eine Berufsschule besuchten, da der Glaube weit verbreitet sei, dass ihre Kinder nach einer Berufsausbildung keine angesehene Arbeit finden könnten, so Luo. Dieses Vorurteil müsse beseitigt werden. China lege immer mehr Wert auf die Entwicklung der Berufsausbildung und die Absolventen von Berufsschulen hätten in Zukunft bessere Aussichten. Der Besuch einer Berufsschule werde möglicherweise zu einer beliebten Wahl.