Li Sufang ist die Tochter eines Überlieferers der Yao-Stickerei. Ihre Mutter, Li Xiaolian, erhielt den Titel „Meisterin der Handwerkskünste des Autonomen Gebiets Guangxi der Zhuang“. Li Xiaolian hoffte, dass ihre Tochter den gleichen Weg einschlagen würde. Li Sufang interessierte sich aber nicht für Stickerei. Ihre Leidenschaft war die Fotografie und sie suchte immer wieder Möglichkeiten, ihre Fotokünste zu verbessern.
2007 ging der renommierte Fotograf Liang Hanchang zur Feldforschung nach Hezhou in Guangxi. Li Sufang erhielt die Gelegenheit, ihn zu begleiten und seine Dolmetscherin zu werden, da sie sich in der Yao-Stickerei gut auskennt und die Sprache der Yao spricht. Sie begleitete Liang Hanchang, als er die traditionellen Trachten der Yao im Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang sowie in den Provinzen Guangdong, Yunnan, Guizhou und Hunan fotografierte. Gleichzeitig lernte sie bei ihm auch das Fotografieren.
Auf der Reise war Li Sufang tief beeindruckt von den wunderschönen und farbenprächtigen Trachten ihrer Volksgruppe. Nachdem sie Zehntausende Fotos der Trachten der Yao gemacht hatten, kam Li schließlich zu dem Entschluss, die Stickerei der Yao doch zu erlernen. Sie sagt: „Die wunderbaren Muster auf den Yao-Trachten sind von Generation zu Generation überliefert worden. Jedes Design hat seine eigene Bedeutung. In den Mustern liegt die Wurzel der Kultur der Yao. Um den Bedürfnissen der jüngeren Generationen nachzukommen, habe ich das Design der Yao-Stickerei nicht geändert, aber das Material und die Farbe angepasst. Meine Produkte sind alle mit Yao-Stickerei versehen, wie Damentaschen und Schmuckstücke.“
Die kleinen Anpassungen gefallen den jüngeren Kunden sehr. Die massenproduzierten traditionellen Yao-Trachten werden gerne bei Hochzeitszeremonien getragen. 2016 wurden zwei Stickereien von Li Sufang vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen als Dekoration für das Business-Notizbuch der UN benutzt. Damit betrat die Yao-Stickerei aus Hezhou die Weltbühne.
Li Sufang gründete danach ein Unternehmen zur Entwicklung der Kultur der Yao, um ärmeren Haushalten in der Region zu Wohlstand zu verhelfen. Das Pro-Kopf-Jahreseinkommen der Mitarbeiter beträgt über 5.000 Yuan RMB. Die über 600 Stickerinnen, die durch das Sticken in ihrer Freizeit nun Geld verdienen können, haben sich dadurch von Armut befreit.
In Li Sufangs Heimatdorf Huangshi können Besucher Kleidung, Schmuck und die Stickerei der Yao an ihrem Ursprungsort kennlernen. Ausgestellt werden vor allem alte Kleidungsstücke und Stickereien der Yao, die Li Sufang in verschiedenen Landesteilen gesammelt hat.
Li hat durch die Entwicklung der Yao-Kultur auch viele Freundschaften geschlossen. Sie erklärt: „Durch die Kleidung und den Schmuck der Yao nehmen wir auch mit Yao-Angehörigen Kontakt auf, die in den USA, Vietnam oder Frankreich ansässig sind, um uns gemeinsam für die Fortführung und Entwicklung der Yao-Kultur einzusetzen.“