Im Dorf Wuyantou, das von Bergen, Dunst und Nebel umgeben ist, sind überall kleine Brücken, Bäche, uralte Bäume und alte Häuser zu sehen. Es ist beinahe so, als blicke man auf eine traditionelle chinesische Malerei.
Als ein Reisebus im Dorf ankommt, schert sich Chen Yuanbin, Besitzer einer Dorf-Herberge, nicht um den Regen und eilte herbei, um die Touristen zu begrüßen. Seine Frau kocht derweil schon Tee. Es ist bereits die dritte Gruppe von Gästen, die an diesem Tag zu seiner ländlichen Herberge fährt.
Das Dorf Wuyantou liegt am Rande der Stadt Taizhou in der ostchinesischen Provinz Zhejiang, direkt an einer alten Handelsstraße. Früher prosperierte es, zahlreiche Kaufleute und Händler gab es.
Aber auch dieses uralte Dorf erlebte dann eine schwerwiegende Landflucht. Die meisten Dorfbewohner wurden Wanderarbeiter in nahen und fernen Städten. 2013 waren nach offiziellen Statistiken bis zu 90 Prozent der Häuser im Dorf Wuyantou unbewohnt, 30 Prozent der Gebäude zudem beschädigt oder schon eingestürzt. Von den ehemals rund 300 Dorfbewohnern waren nur noch fünf ältere Familien im Dorf verblieben.
Im Jahr 2013 begann ein Team unter der Leitung von Professor Yang Guiqing vom Institut für Architektur und Städteplanung an der Tongji-Universität in Shanghai mit der Renovierung des Wuyantou-Dorfes. Damals glaubte jedoch kaum jemand daran, dass dieses traurige Dorf jemals wiederbelebt werden könnte.
Aber das Team von Professor Yang Guiqing gab die Hoffnung nicht auf. Nach vielen Gesprächen mit den Dorfbewohnern beschlossen sie, Wuyantou zu einem künstlerischen Dorf im alten Stil zu gestalten, um Touristen aus dem ganzen Land anzuziehen.
So wie Herbergsbesitzer Chen Yuanbin sind viele Dorfbewohner, die in großen Städten arbeiteten, inzwischen ins Dorf zurückgekehrt, um Herbergen und Souvenirläden zu eröffnen. Nicht nur das: Das Dorf hat auch Investoren angelockt, die den Aufbau von Buch-Cafes, Kultur- und Kreativwerkstätten ermöglichen. 2019 wurde das Dorf Wuyantou zu einer touristischen Attraktion der oberen Klasse 3A in der Provinz Zhejiang ernannt. Die Tourismuseinnahmen des Dorfes überstiegen nun schon zwei Millionen Yuan.
„Wer würde jetzt, wo man zu Hause arbeiten kann, als Wanderarbeiter in eine entfernte Großstadt gehen?“, fragt Dorf-Bürgermeister Bao Shunfu rhetorisch. Er meint: „Wir werden in Zukunft auch Experten einladen, um einen ländlichen Mechanismus zu etablieren, der wissenschaftliche Forschung und Ausbildung mit kulturellen und ökologischen Produkten verbindet.“
Im Jahr 2018 pflanzte beispielsweise ein Forschungsteam um Professor Tian Shengke aus der Zhejiang-Universität experimental hochwertige „Red Beauty“-Orangen auf mehr als 200 mu (etwa dreizehn Hektar) Ackerland an, was mehr als 50 Dorfbewohnern direkt half, ihr Einkommen zu steigern. Mehr als 650 neue Arbeitsplätze wurden so in der Region geschaffen.
Seit dem 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas sind in der Region Taizhou in der Provinz Zhejiang insgesamt 103 Tourismus- und Kulturdörfer entstanden, wobei die Zahl der Touristen, die im Jahr 2020 in der Region Urlaub machten, gut 1,3 Millionen erreichte und die Tourismuseinnahmen mehr als 67 Millionen Yuan betrugen. Gleichzeitig wurden 24 landwirtschaftliche Betriebe und 365 Familien-Plantagen gegründet, die einem großen Teil der ländlichen Arbeiter Jobs verschaffte. 85.000 Menschen sind nun in der Orangenbranche, die jährlich mehr als 100.000 Tonnen Dosenfrüchte produziert mit einem Wert von 1,8 Milliarden Yuan.