Eine Herde wild lebender asiatischer Elefanten wandert schon seit knapp einem Monat durch die südwestchinesische Provinz Yunnan. Die seltene Wanderung asiatischer Elefanten nach Norden wird in der chinesischen Öffentlichkeit und sogar auf der ganzen Welt mit großem Interesse verfolgt.
Wie können die Menschheit und die wilden Tiere harmonisch koexistieren? Die wandernden Elefanten haben uns nochmal zum Nachdenken gebracht. Die Stadt Pu´er in Yunnan ist vielleicht ein gutes Vorbild. Die Hälfte der in Yunnan lebenden wilden Elefanten hat bisher ihre riesigen Fußabrücke in Pu´er hinterlassen und die Einheimischen haben viele Erfahrungen gesammelt, wie man mit den massigen Tieren umgeht. Dort befindet sich die erste „elefantensichere“ Grundschule in China und eine 267 Hektar große „Mensa“ für wilde Elefanten. Außerdem werden spezielle Versicherungen angeboten, die von den Elefanten verursachte mögliche Schäden an Menschen, Ackerland und Bauten abdecken.
Die Grundschule Naji befindet sich in der Gemeinde Yixiang. Früher hieß die Gemeinde „Yexiang“, auf Chinesisch „wilde Elefanten“, da sie oft von den Giganten besucht wird. Zu Höchstzeiten können sich mehr als 40 wilde Elefanten in der Nähe des Dorfes bewegen. Zum letzten Mal wurde die Schule im Jahr 2019 von zwei Elefanten besucht.
Tao Zhaobing, der Wachmann der Schule, beschreibt das unvergessliche Erlebnis: „Es war etwa ein Uhr in einer Augustnacht. Zwei Elefanten betraten die Schule. Mit ihren Rüsseln knickten sie die Palmen auf dem Campus ab. Sie kippten auch die Mülleimer um, so dass auf dem Campus überall Müll verstreut lag.“
Nach diesem Eindringen im Jahr 2019 wandte sich die Schule an die lokale Regierung. Anschließend wurden Zäune und Barrikaden an dem Tor der Schule gebaut. Taos Unruhe blieb jedoch noch einige Zeit bestehen. „Ich war besorgt, dass die riesigen Tiere stark genug sein könnten, um die Barrikaden anzuheben und wieder hineinzukommen“, sagte er.
Aber als im März 2020 einige Elefanten versuchten, die Schule zu betreten, bestand die Anlage diese Probe. „Ich bin jetzt sehr erleichtert“, sagt Tao mit einem Lächeln.
Einerseits muss man sich vor den unbeabsichtigten „Attacken“ der Elefanten schützen, andererseits muss man aber auch die gigantischen Tiere schützen. Das Forst- und Graslandamt des Bezirks Simao in der Stadt Pu´er hat 2016 damit begonnen, in den Regionen, wo die Elefanten das ganze Jahr durch aktiv sind, Kulturpflanzen wie Mais und Zuckerrohr anzubauen, die die Elefanten gerne fressen. Die Mitarbeiter haben auch in der Nähe Pfützen mit Salz gegraben, damit die Elefanten das benötigte Salz leicht aufnehmen können. Wenn beim Bau der „Elefanten-Mensa“ das Ackerland von den lokalen Bauern benutzt wird, werden sie mit 3000 Yuan (umgerechnet etwa 388 Euro) pro Hektar subventioniert.
Die Elefanten wissen jedoch nicht, wo die Grenzen ihrer „Mensa“ liegen. Wenn es durch ihre Wanderung zu Schäden an Kulturpflanzen käme, würden die versicherten Opfer entsprechend entschädigt werden. Zum Beispiel wird für jede geschädigte Kaffeepflanze bis zu 16 Yuan gezahlt. Der von Elefanten gefressene Reis wird mit 2,7 Yuan pro Kilogramm entschädigt, während für Mais 2,3 Yuan pro Kilogramm ausgezahlt wird.
Das Reisfeld des Vorstehers des Dorfes Naji, Li Guangliang, wurde einmal von Elefanten beschädigt. Er hat dann in aller Ruhe die Versicherungsgesellschaft angerufen, die den Marktpreis der Ernte auszahlte. „Also, ich mache mir keine Sorgen“, sagte er.