Das Dorf Zhaganluo befindet sich in der bergigen Präfektur Liangzhou in der südwestchinesischen Provinz Sichuan auf einer Höhe von 3.000 Metern über dem Meeresspiegel. Vom Fuß des Berges führt ein Pfad zum Dorf, der zum Teil dicht an einer Klippe entlangläuft und sich im Zickzack nach oben windet. Auf halber Höhe des Gipfels befinden sich ein langer Holzbungalow und ein Lehmhaus, die auf einer schmalen Ebene errichtet wurden. Diese Bauten bilden die lokale Grundschule.
Xie Binrong, eine vom Dienst freigestellte Luftwaffe-Ingenieurin der chinesischen Volksbefreiungsarmee, ist die einzige Lehrerin der Schule. Unmittelbar nach dem Ende ihres Armeedienstes nahm sie an einem pädagogischen Hilfsprojekt für unterentwickelte Regionen Chinas teil. Die Erfahrungen, die sie in ihrer langjährigen Lehrpraxis gesammelt hat, zeigen, dass Bildung maßgeblich zur Armutsbekämpfung beitragen kann. In Zhaganluo wohnen mehr als 200 Personen. Vor fünf Jahren zählte die kleine Grundschule lediglich zehn Schüler. Dank Xies Bemühungen ist die Zahl inzwischen auf 30 gestiegen. Die Veteranin erklärt: „Ich freue mich sehr, Lehrerin zu sein. Mein Vater war früher auch ein Armeeveteran. Nach dem Ende des Koreakrieges kehrte er in seine Heimat zurück und unterrichtete dort an einer Grundschule. Als ich im Jahr 2015 ins Dorf Zhaganluo kam, gab es in der Grundschule nicht einmal zehn Schüler. Damals hatten die Kinder keine Disziplin. Sie konnten nicht einmal zur gleichen Zeit zum Unterricht kommen, da sie sich zunächst um die Rinder und Schafe ihrer Familien kümmern mussten. Der Unterricht begann um acht Uhr morgens, viele Kinder kamen aber erst um elf Uhr.“
Xie Binrong zufolge maßen zu jener Zeit nur wenige Eltern im Dorf der Grundschulbildung Bedeutung bei. Vor allem der Schulbesuch von Mädchen wurde vernachlässigt. Traditionsgemäß wurden sie bereits im Teenageralter verheiratet. Xie erinnert sich: „Ich wusste daher, dass meine wichtigste Aufgabe darin bestand, die Einstellung der Dorfbewohner hinsichtlich der Grundschulbildung zu ändern. Ich habe mehrere Familien besucht und versucht, sie mit großem Enthusiasmus zum Umdenken anzuregen.“
Xies Bemühungen haben sich ausgezahlt. Die Zahl der Schüler nahm von Jahr zu Jahr zu, sodass der hölzerne Klassenraum ausgebaut werden musste. „Im Jahr 2015 habe ich die erste Schulklasse organisiert. Das Alter der Erstklässler war damals sehr unterschiedlich, von sechs bis 13 Jahren war alles dabei. Jetzt sind sie alle in der fünften Klasse. Bei uns gab es in den vergangenen Jahren keinen einzigen Schulabbruch“, so Xie Binrong.
Neben dem regulären Unterricht hat die Veteranin auch diverse schulinterne Kultur- und Sportaktivitäten organisiert, um die persönliche Motivation der Schüler zu erhöhen und ihre Lernbereitschaft zu fördern. Gleichzeitig verbessern sie die Anziehungskraft der Schule für die Dorfbewohner. Ihre Bemühungen zeigten schnell und deutlich die erhoffte Wirkung. Viele Kinder aus benachbarten Dörfern kamen nach Zhaganluo, um Xies Schule zu besuchen. „Alle können zu uns in die Schule kommen, solange es im Klassenraum noch Platz gibt“, erklärt die Lehrerin, die bereits versprochen hat, die Dorfschule auch in den kommenden Jahren weiter zu betreiben.