Di Yuanmi – Eine Rentnerin spielt Klavier im Krankenhaus

2020-12-04 15:07:57

In der Lobby des Nanjing BenQ Medical Center steht ein schwarzes Klavier. Falsche Töne und ein verändertes Rhythmus machen deutlich, wenn die Pianistin von vorbeilaufenden Krankenhausbesuchern abgelenkt wird. Aber das hindert Di Yuanmi nicht daran, Note für Note Freiheit und Glück zu empfinden und weiterzugeben.

Di beschloss mit 60 Jahren, erstmals Klavier zu lernen. Durch jahrelange harte Übungen hat die Seniorin viele Melodien erlernt. Als ein Freund ihr erzählte, dass das BenQ-Krankenhaus nach freiwilligen Pianisten suchte, beschloss sie sofort, sich zu melden. Mit dem „Tanzlied der Yao-Ethnie“ bestand die Amateur-Pianistin reibungslos das Vorstellungsgespräch.

Im Krankenhaus treffen Trauer und Freude häufig aufeinander. Eine junge Frau mit Gepäck in der Hand kann ihre Tränen nicht verbergen, als sie die Musik hört. Ältere Menschen und Kinder in Krankenhauskleidung bringen sogar eigene Stühle mit und sitzen über eine Stunde lang am Klavier, um der Musik zu lauschen. Für Di Yuanmi ist es genug, wenn vorbeigehende Kinder beim Klang des Klaviers aufhören zu weinen und die Patienten durch ihre Melodien ein wenig aufgemuntert werden.

Di spielt inzwischen seit mehr als zehn Jahren Klavier im BenQ-Krankenhaus. Sie nimmt sich nur selten frei. Selbst als ihr Mann vor einigen Jahren wegen eines Hirnschlags im gleichen Krankenhaus stationär behandelt wurde, setzte sie sich ans Klavier. Die Krankheit ihres Mannes machte ihr zwar Angst, aber sie wusste, dass sie die Behandlung den Ärzten überlassen musste. „Wenn ich Klavier spiele, kann ich mich konzentrieren und alle Bedenken vergessen“, sagt Di.

Die ehrenamtliche Arbeit am Klavier wurde in diesem Jahr wegen der COVID-19-Pandemie für mehrere Monate ausgesetzt. Im goldenen Oktober kehrte Di Yuanmi mit großer Freude ins BenQ-Krankenhaus zurück. Sie wischte das Klavier und jede einzelne Taste sorgfältig mit Desinfektionstüchern ab, bevor sie zu ihrem „Schatz“ sagte: „Wir haben uns lange nicht gesehen.“

Jetzt spielt Di Yuanmi wieder jeden Montag zwei Stunden, wie auch schon vor der Pandemie. Doch jetzt kommt sie nicht mehr alleine. Nach drei Hirnschlägen kann sich ihr Mann kaum noch selbst versorgen und Di Yuanmi nimmt ihn daher jedes Mal mit, wenn sie ausgeht.

Di ist inzwischen fast 80 Jahre alt. Sie sagt, in ihrem Alter brauche man Aktivitäten, die sowohl die Hände als auch das Gehirn trainierten, um zu verhindern, dass man an Alzheimer erkranke. Kalligraphie und Klaviers könne man zu Hause gut üben. Sie seien daher sehr geeignet. Als Freiwillige Klavier zu spielen, gebe ihr die Möglichkeit, die Gesellschaft zu erreichen, indem sie mit den Leuten im Krankenhaus plaudere und mit dem vorbeikommenden „Publikum“ interagiere.

Seit Herbst wird Europa von der zweiten Runde der COVID-19-Pandemie heimgesucht. Di Yuanmi macht sich große Sorge, denn ihre jüngste Tochter lebt in Frankreich. Sie sagt: „Dank der Nachrichten-App WeChat stehen wir nun jeder Zeit in Kontakt. Sie schreibt mir jeden Tag, wie es bei ihr läuft. Meine Kinder arbeiten sehr hart. Ich übe jeden Tag Kalligraphie und Klavier, um mich gesund zu halten und meine Kinder zu entlasten.“

Musik ist häufig mit zahlreichen Erinnerungen verbunden. Di Yuanmi hat daher nach Soundtracks von Filmen gesucht, die sie in ihrer Jugend gesehen hat, wie „Yesenia“ und „American Love Story“. Diese alten Melodien haben sie tief geprägt. Mit ihnen will sie den Passanten in der Halle des BenQ-Krankenhauses Liebe, Ruhe und Glück spenden.

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