Der 39-jährige Fang Jing hat zehn Jahre lang als Physiklehrer an einer Beijinger Schule gearbeitet und war dann in einem Weiterbildungsunternehmen tätig. Aufgrund der COVID-19-Pandemie war er in den ersten sechs Monaten dieses Jahres aber arbeitslos. Er entschloss daher, auf einer Plattform der bekannten chinesischen Suchmaschine Baidu ein Online-Geschäft für Wissensprodukte zu eröffnen. Er hat selbst erstellte Unterrichtspläne und Übungsaufgaben hochgeladen, die die Kunden gegen ein Entgelt herunterladen konnten. Dadurch sicherte er sich ein geregeltes Einkommen von über 1.000 Yuan RMB im Monat. Im Februar verdiente er sogar 3.900 Yuan RMB.
Ende Oktober lud Fang 51 Dokumente auf einmal hoch. „Das waren vor allem Unterrichtspläne für Lehrer, aber auch Artikel über Pädagogik. Damit können die Lehrer Zeit sparen, weshalb sie bereit sind, dafür zu bezahlen“, so der 39-Jährige.
Auch der 28-jährige Lin Wu aus Fuzhou hat ein solches Online-Geschäft über Baidu eröffnet. Zu seinem Hauptangebot gehören Wissensmaterial über Umweltschutz und praktische Ausschreibungsunterlagen. Er erklärt: „Die Internetplattform für Wissensaustausch hat mir sehr geholfen. Ich habe ein paar technische Konzepte hochgeladen. Diese wurden von Nutzern heruntergeladen, obwohl sie 100 Yuan RMB kosteten.“ Der 28-Jährige verdient seit Beginn der Pandemie mit seinem Online-Geschäft über 3.000 Yuan RMB im Monat.
Neben Dokumenten bieten einige dieser Ladenbesitzer auch ihre eigenen Videoproduktionen an. Xue Hengxiao hat beispielsweise auf der Videoplattform Xigua Shipin ein siebenminütiges Video über die Entsorgung der Batterien von Elektrofahrrädern veröffentlicht. In knapp einer Woche wurde das Video 3,49 Millionen Mal angeschaut und Xue erhielt über 360 Nachrichten. Xue Hengxiao hat an der Polytechnischen Universität Harbin promoviert und lehrt an einer Universität in der Stadt Xi‘an. Seit Ende 2019 arbeitet er mit Xigua Shipin zusammen. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie wurden seine 65 Videos insgesamt 300 Millionen Mal abgespielt. Er verdient damit pro Monat über 10.000 Yuan RMB.
Chen Duan, Direktor des Zentrums für integrierte und innovative Entwicklung der Digitalwirtschaft an der Zentralen Universität für Finanzwesen und Wirtschaft, sagt: „Das Modell von Online-Geschäften für Wissensprodukte bietet Fachkräften neue Möglichkeiten. Es befriedigt die Nachfrage bestimmter Kundengruppen. Anstatt der ungezielten Verbreitung von Wissen und Kenntnissen werden praktische Lösungskonzepte zur Verfügung gestellt.“ Es ermögliche Fachkräften mit begrenztem Startkapital, allein durch die Datenverkehrsmenge und ihre Fachkenntnisse Geld zu verdienen, so Chen weiter. Der Sinn solcher Geschäfte liege nicht nur darin, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, es fördere auch die Wertorientierung in der Gesellschaft, Wissen zu respektieren.
Im Juli 2020 haben das chinesische Staatliche Komitee für Entwicklung und Reform und 13 Behörden eine gemeinsame Erklärung über die Förderung der gesunden Entwicklung neuer Beschäftigungsmodelle veröffentlicht. Demnach soll die Entwicklung von Plattformen für Wissensverbreitung und Erfahrungsaustausch gefördert werden. Chen Duan erklärt, dank Hilfsmaßnahmen und der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells habe die Wirtschaft für Wissensvermittlung eine rosige Zukunft.