Wang Miao liebt das Tauchen. Es ist für sie nicht einfach nur eine Outdoor-Sportart, sondern auch eine neue Lebensart.
Wang hat nach ihrem Bachelor-Studium in Politikwissenschaften an der Jilin-Universität einen Master in internationaler Entwicklung in Großbritannien gemacht. Anschließend beteiligte sie sich an einem Programm des australischen Amts für internationale Entwicklung in Tibet. Beeinflusst von Freunden reiste Wang Miao 2015 auf die Philippinen, um dort Tauchen zu lernen. In der globalen Verschlechterung der maritimen Umwelt und der Entwicklung der Tauchindustrie in China sah sie neue Berufschancen. Sie gründete daher ein gemeinnütziges Tauchprojekt für den Meeresschutz.
Im April 2017 veröffentlichte Wang Miao ein Rekrutierungsschreiben in den sozialen Medien, um Taucher zum Schutz der maritimen Umwelt zu rekrutieren. Innerhalb von nur drei Tagen haben sich über 600 Menschen gemeldet, um an dem Umweltschutzprojekt teilzunehmen. Zwei Monate später wurde der „Wu Jing Shen Lan“ Taucher-Verband zum Schutz der maritimen Umwelt gegründet. Er gilt inzwischen als eine der einflussreichsten Institutionen für den Schutz der Meere in China. 2018 war Wang Miao sogar die erste Chinesin, die mit dem „Young Champions of Earth Award des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP)“ ausgezeichnet wurde.
Im Meer gibt es heutzutage unzählige Arten von Plastikabfällen, unter anderem abgenutzte Fanggeräte wie Fischernetze. UNEP-Berichten zufolge sind 46 bis 70 Prozent der Plastikpartikel, die auf dem Ozean schwimmen, Fanggeräte, deren Abbau mehrere Hundert Jahre dauert. Die sich ineinander verflechtenden Fangnetze stellen Todesfallen für viele Meerestiere dar. Viele Ideen von Meeresschützern, um diese Abfälle zu verringern, stießen insbesondere in Fischereiverbotszonen jedoch auf den Widerstand von Fischern. Wang Miao glaubt jedoch, das Problem sei lösbar. In Malaysia erhalten Touristen zum Beispiel auf Initiative von Meeresschützern Eimer mit Wasser als Ersatz für Wasser in Plastikflaschen. Dadurch sind die Plastikflaschen im Meer erheblich reduziert worden. Durch die Aktion „Ankauf von abgenutzten Fangnetzen“ einer lokalen Umweltschutzorganisation werden die Fischer auf den Philippinen ermutigt, sich aktiv an der umweltfreundlichen Entsorgung von Fangnetzen zu beteiligen.
Die Entwicklung der Tauchindustrie hat ebenfalls wesentlich zum Meeresschutz beigetragen. Die philippinische Insel Malapascua ist einer der wenigen Tauchorte der Welt, wo Fuchshaie beobachtet werden können. Wang Miao zufolge wurden dort früher zerstörerische Fangmethoden verwendet, wie das Fischen mit Strom oder Sprengkörpern. Nachdem die Tauchliebhaber gekommen sind, überwachen die Fischer auf der Insel nun aber Fischer aus der Umgebung, die gegen das lokale Fischereiverbot verstoßen. Über die Hälfe der Inselbewohner beschäftigt sich inzwischen mit touristischen Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Tauchen.
Wang Miao glaubt, die wirksamste Methode für den Meeresschutz sei, mehr Menschen für das Tauchen zu begeistern. Die Menschen würden erst dann die Meeresumwelt bewusst schützen, wenn sie begriffen, welche Rolle das Meer in ihrem Leben spielt.
Die Tauchindustrie in China hat sich in den vergangenen zwei Jahren sprunghaft entwickelt. Statistiken der International Professional Diving Instructors Association zufolge ist die Zahl der Chinesen, die einen Tauchschein erwerben wollen, jedes Jahr um etwa 40 Prozent gestiegen. Dies entspricht dem Achtfachen des Weltdurchschnitts. Chinesische Taucher sind meistens zwischen 18 und 35 Jahre alt und über 83 Prozent von ihnen haben einen Hochschulabschluss. 66 Prozent von ihnen sind in den 1990er-Jahren geboren und sind im Vergleich zu den älteren Generationen unterhaltungs- und risikofreudiger. Der „Wu Jing Shen Lan“ Taucher-Verband zum Schutz der maritimen Umwelt will seinen Arbeitsschwerpunkt in den kommenden Jahren daher auf Hochschulen legen, um mehr Führungskräfte für gemeinnützige Projekte zum Schutz der maritimen Umwelt heranzubilden und den Mangel an gemeinnützigen Institutionen in diesem Bereich zu beheben. Neben dem Tauchen könnten junge Menschen aus anderen Branchen, die mit dem Ozean zu tun haben, ebenfalls zum Meeresschutz beitragen, zum Beispiel durch die Erforschung nachhaltiger Wasserprodukte, Tauchtourismus oder die Gründung von Tauchklubs, so der Taucher-Verband.