Das Restaurant befindet sich in der alten Kurierstation Dengxiangying, einem lokalen Hotspot im Baustil der Ming- (1368-1644) und Qing-Dynastie (1644-1911). Es liegt auf der alten Tee-Pferde-Straße, einer alten Handelsroute, die Zentral- und Südwestchina mit Tibet verbindet.
Wenn im Mai die Azaleen blühen, strömen zur Freude von He Dinghong zahlreiche Touristen in sein Restaurant. Er sagt, Touristen aus den Städten mochten vor allem Freilandhühner und Schweinefleisch vom Land.
Hes Jahreseinkommen lag 2018 bei rund 50.000 Yuan RMB (etwa 6.410 Euro). 2019 konnte er noch 2.000 Yuan RMB mehr verdienen. Er verdient damit inzwischen deutlich mehr als sein früheres Einkommen durch Ziegenhaltung und Kartoffelanbau, mit dem er den Lebensunterhalt seiner Familie gerade so decken konnte.
Die Idee, ein eigenes Restaurant zu eröffnen, kam von der Bauernschule des Dorfes, die er seit 2017 besucht. Monatelang hat er dort in einem Abendkurs gelernt, wie man für Gäste kocht und sie bewirtet. In jenem Sommer hat He Dinghong auch zum ersten Mal eine Reise in die Provinzhauptstadt Chengdu angetreten, die von der Bauernschule organisiert wurde. Er war beeindruckt von dem Charme der Stadt und hat dort zahlreiche Restaurants besucht. Die Reise inspirierte ihn, ein eigenes Restaurant zu eröffnen.
Auch heute noch besucht der 41-Jährige die Bauernschule, um seine Kochkünste zu verbessern und zu lernen, wie man Geschäfte macht. Gleichzeitig spart er, um einen Homestay-Service zu starten.
Es gibt bis heute nur zwei Restaurants im Dorf Xiaoshan. Viele Einheimische besuchen den Kochkurs jedoch, um gesündere Essgewohnheiten zu entwickeln. Traditionell essen die Angehörigen der Yi gerne ein Gericht namens „Tuotuorou“, bei dem Fleisch in großen Stücken mit 50 bis 100 Gramm gekocht wird.
Xiaoshan hat 1.340 Bewohner. Das Dorf, in dem traditionell Kartoffeln angebaut werden und Vieh gehalten wird, war einst das einzige arme Dorf in der Gegend. Einige Dorfbewohner kauften im Jahr 2015 Ferkel, um eine Zuchtindustrie aufzubauen. Diese scheiterte jedoch: Bei der durchschnittlichen Höhe von 2.800 Metern über dem Meeresspiegel waren im Winter alle 20 Schweine erfroren. Xiaoshan eröffnete 2016 daher eine Abendschule, um den Bewohnern bessere Viehzucht-Techniken beizubringen.
Lama Wusha, ein Agrartechniker des Dorfes, erinnert sich an den Beginn des Unterrichts: „Anfangs vertrauten die Dorfbewohner nicht auf Impfungen, da sich die Tiere dadurch unwohl fühlten und in den ersten Tagen nach der Injektion nichts aßen.“ Da die geimpften Tiere aber nicht erkrankten und das nächste Jahr überlebten, entwickelten die Dorfbewohner Vertrauen in die Schule und rissen sich um die Impfstoffe.
Zeng Siming, Mitarbeiter der Abteilung für Notfallmanagement der Provinz Sichuan, erklärt, in der Bauernschule seien in den vergangenen vier Jahren Hunderte von Kursen abgehalten worden. Man habe Informationen über die Bedürfnisse der Landwirte gesammelt und Fachleute wie Regierungsbeamte, Akademiker, Ärzte und Lehrer eingeladen, Vorträge zu halten. Frauen wurden zum Beispiel das Bambusflechten und die traditionelle Yi-Stickerei beigebracht.
Da ungefähr 70 Prozent der Einheimischen nicht lesen können und viele Angehörige nationaler Minderheiten kein Hochchinesisch sprechen, versucht das Dorf, den Unterricht zweisprachig zu gestalten. Die Bauernschule bietet auch Kurse an, um die Fähigkeiten junger Menschen zu verbessern. Dies ermöglicht ihnen, in Städten zu arbeiten. Ein Dutzend junger Dorfbewohner, die das Bagger-Fahren erlernt und ein entsprechendes Zertifikat erworben haben, haben anschließend in Küstenstädten Arbeit gefunden. Rund 400 Dorfbewohner aus Xiaoshan arbeiten heutzutage in Städten und mehr als 200 haben Qualifikationsnachweise für verschiedene Berufe erhalten.
Ein noch wichtigeres Zeichen für den Fortschritt ist Zeng zufolge aber, dass die Dorfbewohner ambitioniert sind, Karriere zu machen. Er nannte das Beispiel von Jimu Erdimo. Die Frau in ihren 30ern hat vier Kinder, die sie alleine großziehen muss. Sie wurde gesponsert, den einzigen Supermarkt im Dorf zu eröffnen. Jetzt arbeitet sie in einem städtischen Grillrestaurant, in der Hoffnung, dass sie dort lernen kann, ein Restaurant zu führen und in Zukunft auch ein eigenes Restaurant in ihrer Heimat eröffnen kann.