Selbst vor 20 Jahren war Gemüse in Tibet noch Mangelware. Die Gemüseversorung Tibets war hauptsächlich auf Lieferungen aus anderen Landesteilen angewiesen. Da Gemüse teurer als Fleisch war, hatten viele Passagiere Gemüse im Gepäck mit, als sie vom Urlaub aus dem Landesinneren nach Tibet zurückkehrten.
So hat Jinan, die Partnerstadt des tibetischen Kreises Bailang 1998 vorgeschlagen, mit fortschrittlichen Technologien der Gemüseindustrie in Bailang den Gemüseanbau zu testen. Zwei Jahre später kamen Zhang Jiming und andere Experten für Gemüseanbau zur technischen Unterstützung nach Tibet.
„Es gab anfangs keinen Strom und wir konnten uns nicht mit den Einheimischen verständigen. Das größte Problem war es, dass die Tibeter den Gemüseanbau verweigerten“, erinnerte Zhang Jiming. Er fuhr mit dem Fahrrad zu den einzelnen Haushalten und brachte den tibetischen Landwirten selbst den Gemüseanbau bei, Mann für Mann und Frau für Frau – ein aufwendiges Unterfangen.
„Ich trage den Verlust, falls der Gemüseanbau schief geht und ihr bekommt das Geld, wenn damit Gewinn gemacht wird“, versicherte Zhang den Gemüsebauern. So bekam er allmählich immer mehr Lehrlinge und der Gemüseanbau in Bailang erreichte einen immer größeren Umfang.
Zurzeit hat sich in Bailang eine Demonstrationszone für standardisierte Gemüseproduktion auf Staatsebene etabliert. Gegenwärtig ist ein riesiger Industriepark für Obst und Gemüse im Bau.
2019 wurde in Tibet auf einer Fläche von 26.000 Hektar Gemüse angebaut. Der Ertrag lag bei 970.000 Tonnen. Im Sommer und Herbst können die größten tibetischen Städte und Gemeinden ihre Gemüseversorgung zu 85 Prozent selbst decken. Selbst im Winter und Frühjahr liegt die Eigenversorgungsrate bei zirka 65 Prozent.
„Die Dorfbewohner hatten früher selbst Gurken und Tomaten nie gesehen, geschweige denn sie gegessen. Jetzt sind immer mehr Tibeter daran gewöhnt, Gemüse zu essen,“ erzählt der 73-jährige Bianba Dunzhu vom Dorf Pengcang in Bailang. Im Dorf Pengcang entstand das erste Gemüsegewächshaus in der Gegend. Bianba Dunzhi hat als erster im Dorf bei Zhang Jiming Gemüseanbau gelernt.
Aufgrund des vielfältigen Angebots an Gemüse essen die Tibeter heute neben Rind- und Lammfleisch auch gerne Gemüse. Die Lebenserwartung der Tibeter ist Statistiken zufolge von 35,5 auf 70,6 Jahre gestiegen. Neben der Verbesserung der medizinischen Versorgung und des Sozialabsicherungssystems hat auch der regelmäßige Verzehr von Gemüse viel dazu beigetragen.
Bianba Dunzhu zufolge gibt es in seinem Dorf mehr als 40 Senioren, die über 60 Jahre alt sind. Einer ist sogar älter als 90 Jahre.
Die Gemüseindustrie hat überdies zur Armenhilfe beigetragen. Allein im Kreis Bailang haben sich über 4000 Menschen durch Gemüse- und Obstanbau von der Armut befreit.
Bailang hat sich zu einer Experimentierzone für Gemüse- und Obstanbau auf der tibetischen Hochebene entwickelt. Meng Deli, Generaldirektor der Zhong Nong Sheng Yu GmbH für Landwirtschaft und Viehzucht aus der Provinz Shandong, hat neue Technologien, die für kalte Regionen wie Tibet geeignet sind, entwickelt.
„Hier gibt es keine Industrie. Saubere Luft, klares Wasser und unverschmutzter Boden in Tibet sind gute Voraussetzungen für
Obst- und Gemüseanbau. Die große Kälte auf der tibetischen Hochebene und der große Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht könnten sich mittels Wissenschaft und Technik in Entwicklungsvorteile verwandeln. Wir haben vor, Qualitätsgemüse und -obst auf dem Dach der Welt in andere Landesteile und ins Ausland zu bringen“, so der Unternehmer.