Liu Fengqing kam aus einem Dorf in der bergigen Region Lüliang in der nordchinesischen Provinz Shanxi. In Beijing hat sie nun ein provisorisches Zuhause außerhalb des Campus der Beijing University of Aeronautics and Astronautics, ein 30 Quadratmeter großes Zimmer mit mehreren Betten, das wie ein Schlafzimmer in einer Jugendherberge aussieht.
Liu Fengqing arbeitet als eine Hausgehilfin in Beijing. Vor vier Jahren wurde sie von der Beijinger Filiale einer Haushaltshilfe-Firma der Stadt Lüliang angestellt. Fast alle Kinderbetreuerinnen, Heim- und Haushaltshilfen, die von der Zweigstelle rekrutiert wurden, kamen aus der Region Lüliang. Sie arbeiten vorwiegend in den Haushalten der Lehrkräfte der benachbarten Universität.
Lüliang zählt offiziellen Angaben zufolge zu den landesweit vierzehn unterentwickeltsten Regionen mit einer Großzahl an überschüssigen Arbeitskräften. Im April 2016 hat die lokale Regierung eine Ausbildungsbasis für Haushaltshilfe gegründet, in der Baby-Sitter, Köchinnen und sonstige Haushaltshilfen ausgebildet wurden. In den vergangenen vier Jahren konnte eine Vielzahl der Ausgebildeten in mehreren nordchinesischen Großstädten wie Beijing und Tianjin einen Job finden und dadurch aus der Armut herauskommen.
Liu Fengqing gehörte zu den ersten des mehr als 1.000 Bewohner zählenden Macun-Dorfs im Landkreis Wenshui der Stadt Lüliang, die inzwischen bereits ihre Armut überwunden haben und sogar zu einem bescheidenen Wohlstand gelangt sind.
Liu und ihr Mann wohnen nunmehr in einem 180 Quadratmeter großen neu dekorierten Haus mit Standard-Möbeln und kompletter Haushaltselektronik. Ihr jüngst erreichter Wohlstand ist ihren Angaben zufolge ausschließlich auf die Haushaltsgehilfe-Ausbildungskampagne der Stadt Lüliang zurückzuführen.
Liang Xiangnan, Amtsleiter für die Personalangelegenheit der Stadt Lüliang, begründet die groß angelegte Ausbildung von Haushaltshilfe in erster Linie mit den Standortnachteilen der Region. In Lüliang gebe es nur geringfügige Anbauflächen. Außer dem Bergbau gebe es in der Region überdies auch kaum Industrie. Bis Ende 2014 zählten zehn der insgesamt dreizehn Landkreise der Region zu den staatlich bzw. provinzial eingestuften Armutskreisen mit mehr als 590.000 Menschen, die in ärmlichen Verhältnissen lebten.
Auf dem Markt für soziale Dienste, beispielsweise im Gesundheitswesen, im Bereich der häuslichen Pflege, im Bereich der Kinderbetreuung sind neue Beschäftigungsmöglichkeiten für die überschüssigen Arbeitskräfte in den ärmeren Regionen möglich. So ist man auf die Idee gekommen, anhand der Haushaltshilfe-Ausbildung die vom Staat abgesteckten Ziele der Armutsbekämpfung zu erreichen.
Auch Han Sijiu, stellvertretender Direktor des Zentrums für Fachkräfteaustausch der Stadt Lüliang, teilt diese Ansicht und sieht in der Haushaltshilfe-Branche ein großes Potential, wenn es um die Armutshilfe in der Region geht. Er schlug vor, aufgrund der alternden Gesellschaft in den Städten bei der Ausbildung vor allem Serviceleistungen für die Senioren, wie etwa Haushaltshilfen für Kochen, Putzen und Einkaufen, Begleitung bei Arztbesuchen oder Unterstützung bei der täglichen Körperpflege, zu berücksichtigen.
Statistischen Angaben der Stadtregierung Lüliang zufolge ist es der Ausbildungsbasis bislang gelungen, 54.210 Menschen auszubilden. 11.296 davon konnten mittlerweile aus ihrer Armut herauskommen.