Zehntausende Hirten in Saruultuya Gastaa in der Xiliin-Gol-Liga in der Inneren Mongolei lebten einst von der Schafzucht. Aber die Tiere forderten einen enormen Tribut von der Umwelt. Als Ting Baatar, einer der Hirten in der Region, hörte, dass die traditionellen Weidepraktiken geändert werden sollten, um das Ökosystem des Graslandes zu schützen, war er sofort Feuer und Flamme. Er schlug damals vor, von Schafen auf Fleischrinder umzustellen, da diese Industrie gute Aussichten hatte.
China ist ein Land, das reich an Graslandressourcen ist. Sein natürliches Grasland ist das größte der Welt und bedeckt eine Fläche von 3,92 Millionen Quadratkilometern – zwölf Prozent der weltweiten Gesamtfläche laut der Verwaltung der chinesischen Nationalen Verwaltung für Wälder und das Grasland. Das Grasland in China litt jedoch unter starker Überweidung, die in den 1980er-Jahren zu Nährstoffarmut der Böden und Wüstenbildung führte. Überweidung, Dürren und unzureichender Schutz trafen vor allem die Xiliin-Gol-Liga. In Saruultuya Gastaa litten 70 Prozent des Graslandes unter Nährstoffarmut.
Um die Wüstenbildung auf dem Grasland zu verhindern, hat die chinesische Zentralregierung die Weidewirtschaft in einigen Gebieten verboten und die Praxis in anderen eingeschränkt. Zu den Maßnahmen, die das Forstwirtschaftsamt der Inneren Mongolei Anfang der 1980er-Jahre ergriff, gehörten die Beschränkung der Flächen, auf denen das Weiden erlaubt war und die Förderung der Fütterung mit Futtermitteln.
Ting stellte fest, dass die Dorfbewohner zunächst die Zahl ihrer Tiere reduzieren und dann mehr Fleischrinder züchten mussten, um den Druck auf das Grasland zu verringern. Die Rinderzucht richtet weniger Schaden an als die Zucht von Schafen, weil sie nicht so dichtes Gras braucht. „Der Gewinn aus dem Verkauf eines Rindes war auch fast fünfmal höher als bei einem Schaf“, erklärt der Hirte.
Er verkaufte alle seine 400 Schafe und wechselte zu Fleischrindern. Er entwickelte auch erfolgreich den Tourismus sowie die Milch- und Fleischverarbeitungsindustrie, um die lokale Wirtschaft anzukurbeln, was wiederum mehr Menschen dazu ermutigte, in seine Fußstapfen zu treten.
Nahezu 80 Prozent der Hirten in Saruultuya Gastaa züchten heute Fleischrinder. Als Ting 2015 als Parteisekretär des Dorfes in den Ruhestand ging, war sein jährliches Pro-Kopf-Einkommen auf 18.000 Yuan RMB (etwa 2.200 Euro) gestiegen, zwei Jahrzehnte zuvor waren es gerade einmal 40 Yuan RMB.
Herr Chen, stellvertretender Leiter der Forstwirtschaftsabteilung in der Hinggan-Liga in der Inneren Mongolei, sagt, es seien strenge Vorschriften eingeführt worden, um die missbräuchliche Nutzung des lokalen Grünlandes zu verhindern. Er arbeitet seit Juli 2019 im Dorf Baiyin und ermutigt die Bauern zum Anbau von Hafer und Luzerne, war er als Beispiel für eine grüne Agrarwirtschaft bezeichnet, die sowohl stabiles Einkommen als auch eine bessere Umwelt bringt. „Im Vergleich zu traditionellen landwirtschaftlichen Pflanzen wie Mais, die die Umwelt verschmutzen, sind Hafer und Luzerne viel einfacher anzubauen. Darüber hinaus können Hafer und Luzerne dazu beitragen, die Bodenstabilität zu verbessern“, so Chen.
Die Umwelt des Graslandes der Inneren Mongolei hat sich in den vergangenen Jahren dank einer Reihe ökologischer Projekte und Maßnahmen, darunter die Kontrolle der Beweidung und die Rückführung von Ackerland in Grasland und Wald, deutlich verbessert. Die wunderschöne Naturlandschaft des autonomen Gebiets und die Verbesserung seiner Umwelt ziehen immer mehr Touristen an, was die Einheimischen wiederum für den Schutz des Graslandes begeistert. Statistiken der Tourismusabteilung der Region zeigen, dass im Jahr 2019 mehr als 195 Millionen Touristen die Innere Mongolei besucht haben. Das Gesamteinkommen lag bei 465 Milliarden Yuan RMB, zwölf Prozent höher als 2018.