Etwa 130 Kilometer nördlich von Ürümqi, der Hauptstadt des nordwestchinesischen Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang, befindet sich der Tianshan Gletscher Nr. 1 in einer Höhe von 3.850 Metern über dem Meeresspiegel. Dieser Gletscher im Tianshan-Gebirge ist einer Stadt so nah wie kein anderer Gletscher auf der Welt.
Einige Jahre nach dem Verbot von Bergbau, Weidewirtschaft und Tourismus hat das Naturschutzgebiet rund um den Gletscher seine Lebenskraft wiedergewonnen. Die Umweltbedingungen in dem Reservat haben sich erheblich verbessert. Wildtiere, die zuvor selten zu sehen waren, kehren allmählich zurück.
Seit 2015 beobachten Tierschützer einer chinesischen Freiwilligenorganisation für Wildtierschutz die Schneeleoparden in der Nähe des Tianshan Gletschers Nr. 1. Ihnen zufolge hat die Zahl der Großtiere in dem Gebiet sichtbar zugenommen. Der Leiter der Organisation, Xing Rui, sagt, die Zahl der Schneeleoparden habe sich auf über 20 stabilisiert. Auch Bären, die seit den 1990er-Jahren verschwunden gewesen seien, seien wieder gekommen. Zugleich nehme die Zahl der Wildschafe, Rothirsche und Wildschweine schnell zu.
Gletscher werden normalerweise als „Stauseen in festem Zustand“ betrachtet und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Wasserläufe von Flüssen. Im Jahr 1959 wurde eine Beobachtungsstation für den Gletscher Nr. 1 im Tianshan-Gebirge eingerichtet. Den Beobachtungen zufolge schmilzt und schrumpft der Gletscher seit den 1960er-Jahren.
Experten warnen davor, dass die Gletscher im Tianshan-Gebirge mit der heutigen Abtragungsrate in 50 Jahren vollständig geschmolzen sein könnten und die Bewohner im Unterlauf der Gletscher vor der Gefahr eines Wassermangels stünden.
Um die Gletscherschmelze aufzuhalten und die Wasserversorgung in Ürümqi zu gewährleisten, hat die Lokalregierung in Xinjiang im Jahr 2014 beschlossen, ein Naturschutzgebiet rund um den Gletscher zu errichten. Ziel ist es, die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf den Gletscher zu minimieren.
Im Jahr 2016 beantragten die zuständigen Regierungsbehörden in Xinjiang einen nationalen Fonds für Umweltschutz. Die Geldmittel in Höhe von mehr als 80 Millionen Yuan RMB (etwa 9,9 Millionen Euro) sollten vor allem für die ökologische Wiederherstellung eingesetzt werden. Yan Weitao, ein Beamter des lokalen Büros für Ökologie und Umwelt, erklärt, Hirten, die seit Generationen in der Region geweidet hätten, hätten dafür umgesiedelt werden müssen. Mehr als 650 Hektar Weideland hätten sich von der Weidewirtschaft erholen. Auch touristische Aktivitäten seien verboten worden und Fahrzeugen sei die Durchfahrt untersagt worden.
Etwa 20 Kilometer von dem Gletscher entfernt wurde vor kurzem eine Kohlenmine gefüllt, um die Erdfläche wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. In den frisch aufgefüllten Boden wurden Grassamen gesät.
Zhou Ping, der Ingenieur in der Glaziologischen Station Tianshan der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, sagt, die Fläche des Gletschers Nr. 1 im Tianshan-Gebirge sei von 1964 bis 2018 um 22 Prozent zurückgegangen. Die Umweltschutzmaßnahmen in den vergangenen Jahren hatten allerdings ein wenig zur Rettung und zum Schutz des Gletschers beigetragen.