Die COVID-19-Pandemie wirkt sich seit Monaten äußerst negativ auf die gesamte chinesische Wirtschaft aus. Dabei zeigen sich die kritischen Folgen vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Um ihre Überlebenschance zu erhöhen sowie ihre Zuversicht und ihren Mut zu stärken, hat die chinesische Regierung unlängst weitere Steuervergünstigungen erlassen.
Die Steuerämter in allen Landesteilen sind derzeit dabei, den Unternehmen durch Online-Plattformen und „kontaktlose“ administrative Dienstleistungen dabei zu helfen, die steuerliche Entlastungspolitik zu nutzen. Steuern und Abgaben sollten reduziert werden, während Dienstleistungen des Staates zur Verfügung gestellt würden, hieß es von den Behörden.
Zhou Wen arbeitet beim Steueramt im Bezirk Longhua in der südchinesischen Metropole Shenzhen. Ihm zufolge kann die Einreichung der Steuererklärung mittlerweile vollständig in digital-elektronischer Form erfolgen. An einem mit Gesichtserkennung ausgerüsteten Automaten dauere der gesamte Prozess nicht einmal zwei Minuten, so Zhou.
Qiu Min hat ein Gastronomie-Unternehmen in Nanchang, der Hauptstadt der südchinesischen Provinz Jiangxi, gegründet. Die 20 Quittungen, die sie bei der Gründung des Unternehmens erhalten hat, kann die Firmenchefin nun unproblematisch in elektronische Form bringen und per E-Mail an das lokale Steueramt schicken. Qiu sagt: „Man braucht keinen Termin vereinbaren und dann hingehen. Es ist so einfach wie Online-Shopping.“
Angaben der chinesischen Staatlichen Steuerbehörde zufolge sind inzwischen 99 Prozent der chinesischen Steuerzahler in der Lage, ihre steuerlichen Angelegenheiten online abzuwickeln. Erkennbar sei dieser Trend vor allem nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie gewesen, so die Behörde weiter. Erklärungen über steuerliche Vorteile und Steuervergünstigungen hätten nach und nach in Form von Anrufen und Livestreams durchgeführt werden können. Bei Videochats könnten die Fragen der Steuerzahler in Echtzeit ausführlich beantwortet werden.
In der einst von COVID-19 schwer getroffenen Stadt Wuhan ist es dem lokalen Steueramt inzwischen gelungen, den Unternehmern durch Online-Plattformen eine schnelle und einfache Fern-Abwicklung ihrer Steuerangelegenheiten zu ermöglichen.
In den vergangenen sechs Monaten hat die chinesische Regierung mehrfach Steuervergünstigungen für KMU erlassen. Die meisten davon sind bis zum Ende des laufenden Jahres gültig, was die Zuversicht der Unternehmer gestärkt hat.
Xiong Meijia besitzt eine Autoreparaturwerkstatt in der Stadt Dexing in der Provinz Jiangxi. Bis Ende Juni profitierte ihr Unternehmen von einer Pandemie-bedingten Mehrwertsteuersenkung von 3,0 Prozent auf 1,0 Prozent. Zu ihrer Überraschung erhielt sie am 29. Juni eine Nachricht, der zufolge die Steuervergünstigungen für kleine Unternehmen bis Jahresende verlängert wurden. Xiongs Berechnungen zufolge muss sie für einen jüngsten Auftrag dadurch lediglich Steuern in Höhe von 1.932 Yuan RMB (236 Euro) zahlen. Durch die Verlängerung der Steuervergünstigungen könne sie bei diesem Auftrag insgesamt 3.864 Yuan RMB (472 Euro) einsparen, so die Unternehmerin.
Eine Verlängerung der Steuervergünstigungen sorgte bei He Ke, Firmenchef des Yuanrong-Reisebüros in der Region Huangshan in der zentralchinesischen Provinz Anhui, für eine noch größere Überraschung. Wegen der Ermäßigung der Sozialabgaben und des verlängerten Mehrwertsteuer-Sondersatzes kann das Unternehmen eigenen Angaben zufolge in diesem Jahr 175,9 Millionen Yuan RMB (21,7 Millionen Euro) einsparen.
Mehrere Wirtschaftsexperten gehen mittlerweile davon aus, dass die Umsetzung der Steuervergünstigungen beträchtlich zur Erhöhung der Überlebenschance zahlreicher KMU und dadurch zur Wiederbelebung der gesamten chinesischen Wirtschaft nach der Pandemie beitragen wird.