Quan Qinghai(r.) bei der Arbeit
Foto von Xinhua
Quan Qinghai hasste zuvor die Feldsteine, die überall zu sehen waren. Der 48-jährige Bauer betrachtete sie als Stolpersteine, die die Verbindung seines abgelegenen Dorfes in der nordwestchinesischen Provinz Gansu mit der Außenwelt erschwert hatten.
Aber nachdem alle Dorfbewohner in neue Wohnungen in lebenswerte Regionen umgesiedelt worden sind, gelten die einst störenden Steine als wertvolle Ressourcen. Sie zählen jetzt zu den wichtigen Baumaterialien für den Bau des Fremdverkehrsortes, der sich genau am ehemaligen Standort von Quans Heimatdorf befindet.
Das Dorf heißt Shanbei und liegt etwa 2.000 Meter über dem Meerespiegel. Es ist dem Kreis Tanchang in der Stadt Longnan untergeordnet, einem der unterentwickeltesten Gebiete in der Provinz Gansu in Nordwestchina. Früher mussten Dorfleute wie Quan Qinghai auf den kargen Feldern schuften, um Mais und andere traditionelle Feldfrüchte zu pflanzen. Dennoch konnten sie nur eine kärgliche Ernte nach Hause bringen.
Mit dem Umzug in neue Wohnungen im Jahr 2017 kam für Quan und weitere über 1.000 Dorfbewohner die Wende. Es handelte sich dabei um ein Projekt der Umsiedlung armer Bewohner aus unwirtlichen Regionen, das hauptsächlich von der lokalen Regierung finanziert wird. Die ordnungsmäßige Umsiedlung in die lebenswertere Gebiete zielt darauf ab, die Lebensbedingungen der von Armut betroffenen Menschen zu verbessern.
China hat sich die Beseitung absoluter Armut bis Ende 2020 zum Ziel gesetzt. Vor diesem Hintergrund wurde das Entwicklungsmodell in vielen armen Gebieten angepasst. Der Agrartourismus basiert auf der lokalen primitiven Landschaft.
Da China sich zum Ziel gesetzt hat, die absolute Armut bis 2020 auszumerzen, haben verarmte Gebiete ihre primitiven Landschaften für die Entwicklung des ländlichen Tourismus genutzt. Zum Beispiel hießen die Dorfleute in Shanbei ein Tourismusunternehmen aus dem südwestchinesischen Chongqing willkommen, das ein Auge auf das touristische Potential des aufgebenen Geländes im Dorf geworfen hat.
„Trotz der Entlegenheit ist es mit üppiger Vegetation bedeckt. Das angenehme Klima und die schöne Landschaft gelten auch als Attraktion für Touristen“, sagte Qiu Benliang, der Geschäftsführer des Unternehmens. Touristen könnten nicht nur die natürliche Umgebung genießen. Die alten Gebäude würden bei ihnen eine nostalgische Sympathie auslösen, so der Unternehmer.
Nachtansicht des Urlaubsorts in Shanbei
Foto von Xinhua
Mit Unterstützung der Lokalregierung begann das Reiseunternehmen im Jahr 2018 mit dem Bau eines Urlaubsorts einschließlich Familienhotels in Shanbei und den umliegenden Dörfern. Ehemalige Dorfbewohner wurden als Bauarbeiter, Reinigungskräfte und Kellner eingestellt.
Quan Qinghai ist für die Befestigung von Straßen, Aufforstung und andere Gelegenheitsarbeiten zuständig und kann damit 120 Yuan, ungefähr 13 Euro pro Tag verdienen. „Die Steine, die uns zuvor nicht gefielen, sind jetzt für die Dekoration des Hotels eingesetzt worden. Sie werden als ein Symbol unseres einst felsigen Dorfes betrachtet“, sagte Quan.
Nach knapp zweijähriger Bauzeit wurde ein Luxushotel Anfang Mai diesen Jahres geöffnet. Mit seinen idyllischen Holzbalken, Erdwällen, gartenähnlicher Vorhalle und Freizeiteinrichtungen wie Freischwimmbädern und Teehäusern konnte das Hotel zahlreiche Touristen anziehen.
Nach Angaben des Tourismusunternehmens soll der Fremdverkehrsort jedes Jahr 800.000 Besucher empfangen und kann rund 300 Arbeitsplätze für einheimische Dorfleute schaffen.
„Es freut mich, dass die Bewohner nicht mehr als Wanderarbeiter in entfernten Städten arbeiten müssen, um Geld zu verdienen“, sagte Qiu und fügte hinzu, dass das Unternehmen die lokale Infrastruktur weiter verbessern werde.
Offiziellen Angaben zufolge war die Zahl der Touristen, die im Jahr 2019 die ländlichen Gebiete der Longnan in Gansu besuchten, auf mehr als 10 Millionen gestiegen, was über 2,88 Milliarden Yuan erwirtschaft hat. Der ländliche Tourismus macht die lange vernachlässigten natürlichen Ressourcen in armen Regionen rentabel und trägt dadurch zur lokalen Armutsbekämpfung bei.