Mit einem dramatischen Rückgang neuer COVID-19-Infektionen kehrt das normale Leben in China langsam zurück. Das heißt, dass die chinesische Gastronomie, die zuvor besonders unter dem ökonomischen Druck der Quarantäne litt, nun auch wieder im Geschäft ist.
Nach Angaben des chinesischen Internet-Giganten Baidu haben 90,6 Prozent der Restaurants in Beijing und 87 Prozent in Shanghai inzwischen ihre Türe für Feinschmecker wieder geöffnet und bieten neben dem Lieferservice nun auch Speisen und Getränke im Lokal wieder an. Trotzdem kehrt die Gastronomie nicht ohne ein paar Veränderungen zurück.
Beispielsweise müssen laut den vom Beijinger städtischen Handelsbüro vor kurzem veröffentlichten Leitlinien alle Restaurants die Körpertemperaturen aller Speisenden am Eingang gewissenhaft messen und die Gästedichte im Speiseraum streng kontrollieren. Zwischen zwei Esstischen muss ein Abstand von mindestens einem Meter bestehen. Gäste dürfen weder direkt gegenüber, noch nebeneinander sitzen. Tische, Türgriffe, Wasserhähne und andere Einrichtungen, die häufig von den Kunden berührt werden, müssen regelmäßig und rechtzeitig desinfiziert werden.
Zudem werden chinesische Cateringunternehmen aufgefordert, die Verwendung von gemeinsamen Essstäbchen bzw. Löffeln zu fördern. Es handelt sich dabei um einen Schopflöffel oder ein gesondertes Paar Stäbchen für alle, um das Essen galant auf den Teller zu führen, damit nicht jeder die eigenen Stäbchen vom Mund in die gemeinsamen Essschälchen wandern lässt. Denn diese Essgewohnheit fördert eine mögliche Übertragung von Bakterien wie Helicobacter pylori und Hepatitis, ganz zu schweigen von dem hoch ansteckenden neuartigen Coronavirus.
Aber die Chinesen essen eben gerne gemeinsam. Rund um einen Tisch sitzen, alle Gerichte mit anderen teilen und das Essen mit eigenen Stäbchen von den Tellern nehmen. Für die Chinesen gilt diese Form des Essens nicht nur als Symbol der kulinarischen Kultur, sondern ist auch eine Art der nonverbalen Kommunikationen miteinander.
Vor diesem Hintergrund reichen alleine die Regeln der Restaurants bzw. das pflichtbewusste Engagement der chinesischen Gastronomie nicht aus, um die Verwendung von öffentlichen Essgeräten zu fördern. Ein Haupthindernis dafür ist größtenteils psychologisch bedingt.
Die chinesische Esskultur ist sehr emotional. Die Liebe der Älteren zu den Kindern spiegelt sich oft darin wider, dass sie den Kleinen das Essen auf den Teller legen und manchmal die Kinder mit den eigenen Stäbchen füttern.
In einer von Jiangsu News online durchgeführten Umfrage zum Thema „Benutzen Sie gemeinsame Essgeräte, wenn Sie essen gehen?“ sprachen sich rund ein Drittel der 210.000 Befragten dafür aus. Weitere 64.000 Befragte waren der Meinung „Nein, das ist zu viel Mühe“. Denn viele Chinesen meinen, der Einsatz eines Schöpflöffels und eines gesonderten Paares Essstäbchen entfremdet die Speisenden. Wenn sich diese Einstellung nicht ändert, ist es natürlich schwierig, diesen neuen hygienischeren Weg zu gehen.
Mit der Wiederinbetriebnahme der chinesischen Gastronomie sind neue Probleme aufgetreten. Es muss eine Balance zwischen der Aufrechterhaltung einer gemütlichen Atmosphäre beim Essen und dem Schutz der Gesundheit der Speisenden gefunden werden. Der Einsatz von Schöpflöffeln und gesonderten Essstäbchen ist dafür eine gute Lösung. Jedoch könnte dies auch zu Änderungen traditioneller chinesischer Essgewohnheiten führen, die mit dem gesellschaftlichen Fortschritt folgen.