Nach der Spritzlackierung und Fahrzeugpolitur, der Kennzeichnung und der letzten Überprüfung rollt ein neues Auto vom Band. In der Automobilstadt Changchun in der nordostchinesischen Provinz Jilin hat die Wiederaufnahme der Autoproduktion bei weitem mehr als eine rein symbolische Bedeutung.
In einer Montagehalle des in Changchun angesiedelten chinesisch-deutschen Joint-Ventures FAW-Volkswagen herrscht seit Tagen wieder Hochbetrieb. Zu sehen sind Schutzmasken tragende Arbeiter und ordnungsgemäß arbeitende Schmiedemanipulatoren.
„Die Produktion läuft wie sonst. Nur gehen wir während der Mittagspause nicht mehr in die Kantine, stattdessen lassen wir das Essen aus hygienischen und zeitlichen Gründen an unseren Arbeitsplatz liefern“, sagt ein Mechaniker, der mit der Montage des Steuergehäusedeckels eines Audi Q5L beschäftigt ist.
Im Motorenwerk von FAW-Volkswagen wird derzeit in drei Schichten rund um die Uhr gearbeitet. Zugleich läuft die Produktion von mehr als 700 in Changchun ansässigen Autozulieferern ebenfalls wieder auf Hochtouren. Offiziellen Angaben des Amts für Industrie und Informationstechnologie der Stadt Changchun zufolge haben inzwischen nahezu 85 Prozent der Automobilbranche ihre Arbeit wieder aufgenommen.
„Die Verwaltung des Industrieparks hat uns dringend benötigte Schutzmasken, Desinfektionsmittel und medizinischen Alkohol zur Verfügung gestellt und die Wiederaufnahme unserer Produktion gewährleistet“, sagt Liu Xue, Firmenchef des chinesisch-deutschen Gemeinschaftsunternehmens.
Die Automobilindustrie ist die tragende Säule der Wirtschaft von Changchun, daher erhielten die dort angesiedelten Autohersteller bei der Wiederaufnahme ihrer Produktion tatkräftige Unterstützung der städtischen Behörden. Zudem pflegen die Behörden engen Kontakt mit Hunderten Autozulieferern mit dem Ziel, ihnen bei der Eindämmung der COVID-19-Epidemie und der Bewältigung konkreter Probleme zu helfen und damit die Wiederaufnahme des Betriebs der gesamten Branche zu garantieren.
Dennoch arbeiten bei weitem noch nicht alle Zulieferer wieder. Bauteile für die Autoproduktion stammen gewöhnlich aus fast allen Landesteilen Chinas und die Produktion mehrerer Zulieferer in Changchun hängt ebenfalls von Bauteillieferungen aus anderen Städten ab. So nutzt beispielsweise ein Unternehmen, das sich auf die Herstellung der Schlüssel-Komponenten von Fahrzeugen spezialisiert hat, Produkte von 256 Lieferanten in anderen Städten. Fünf davon produzieren in der von der Epidemie schwer betroffenen Provinz Hubei. Die Lieferengpässe sind Branchenkennern zufolge derzeit die größte Herausforderung für die Autoproduzenten in Changchun.
Trotzdem zeigen sich viele Hersteller davon überzeugt, dass sie die verlorene Zeit durch erhöhte Effizienz in den Produktionsverfahren wieder gutmachen können. Man habe ja noch zehn Monate Zeit, erklärt ein Vertreter von FAW-Volkswagen.