Vor zwei Jahren hätte Mouse Labo, ein junger Schäfer aus einem Klippendorf auf dem Berg Daliang, der im südwestchinesischen Kreis Zhaojue liegt, sich nicht träumen lassen, eines Tages ein Internet-Star mit 126.000 Fans zu sein. Der 25-jährige Mouse Labo ist als „Klippen-Kletterer“ auf einer chinesischen Livestream-Plattform sehr bekannt. Das beliebteste Video zeigt ihn auf einer Stahltreppe klettern und hat über eine Million Likes erhalten.
„Klippendorf“ ist der Spitzname seines Heimatdorfes Atulel. Es gehört zum autonomen Bezirk der Yi-Nationalität und liegt in der Provinz Sichuan. Zwischen dem Fuß des Berges und dem Dorf liegen fast tausend Meter Höhenunterschied. Früher mussten die Anwohner beim Verlassen ihres Dorfes 17 gefährliche Rattanleitern erklettern. Die schwierigen Verkehrsbedingungen waren lebensgefährlich.
Im November 2016 wurden die Rattanleitern durch eine feste Stahltreppe mit 2556 Stufen ersetzt. Mouse Labo brauchte nur 18 Minuten um die neue Treppe am Tag ihrer Eröffnung zu besteigen.
Seit Juni 2017 gibt es 4G-Netzwerkempfang im Klippendorf. Dies eröffnete den Dorfbewohnern einen Zugang zur restlichen Welt. Seitdem filmt sich Mouse Labo mit dem Handy beim Besteigen der Stahltreppe, Überqueren von Hängebrücken oder Füttern von Vieh. Er streamt diese Videos live im Internet. Urplötzlich ist er damit zum Star geworden.
Noch vor wenigen Jahren verdiente er mit Landwirtschaft nur rund 1000 Euro im Jahr. Heute nimmt er bei einem 30-minütigen Livestream allein 12 Euro ein.
Ein Freund von Mouse Labo, Yang Yang, ist auch ein Internet-Star aus dem Klippendorf. Früher war Yang Landwirt und gelegentlicher Wanderarbeiter. Ende 2017 lernte er die Livestream-Plattform Kwai kennen. Für seine 173.000 Fans macht er Werbung für lokale Spezialitäten wie Honig oder gepökeltes Fleisch.
Obwohl die Spezialitäten und Landwirtschaftsprodukte im Klippendorf von hoher Qualität sind, haben sie sich nur schwer verkaufen lassen. Einerseits war es früher schwer, sie über die Leitern aus dem Dorf zu schaffen, andererseits konnten sich die Dorfbewohner die Online-Werbekosten nicht leisten. Yang Yang erzählte, dass es eigentlich nur möglich war, seinen Honig und seine Walnüsse zu verkaufen, wenn Touristen das Dorf besuchten. Heute sieht das schon ganz anders aus. Durch Werbung per Livestream oder Kurzvideo verkauft er alle vier bis fünf Tage 40 Kilogramm seiner Produkte.
Der Kreis Zhaojue ist Chinas größter Siedlungsbezirk der Yi-Nationalität. Die Menschen dort litten unter schwerer Armut. Ende 2013 lebten 99.796 Menschen aus 191 Dörfern im Kreis Zhaojue in Armut, die 31,8 Prozent der gesamten Dorfbewohner ausmachten. Ende 2019 sank die Armutsrate auf 11 Prozent. Im Jahr 2020 soll der Kreis gänzlich von Armut befreit werden.