Am vergangenen Freitag Ortszeit hat die US-Botschaft in Kabul mit einer Massenevakuierung von Diplomaten begonnen. „Sensible Materialien“ wurden in den Schredder und die Verbrennungsanlage geschickt. Es war wieder ein „Saigon-Moment“, wie damals, als die Amerikaner aus Südvietnam fliehen mussten.
Ende April 1975 neigte sich der Vietnamkrieg dem Ende zu. Als die vietnamesische Befreiungsarmee Saigon umzingelte, setzten die Vereinigten Staaten Hubschrauber ein, um die Menschen vom Dach der Botschaft zu evakuieren. Die Botschaft war überfüllt mit Vietnamesen, die mit den Amerikanern evakuiert werden wollten, und ein amerikanischer Beamter schlug einen Vietnamesen, der sich um einen Platz im Hubschrauber drängelte.
In einem Artikel der New York Times vom 14. August heißt es, die Situation in Afghanistan habe die Verbündeten der USA dafür sensibilisiert, dass man den USA „nicht trauen kann“.
Im Jahr 2001 begannen die Vereinigten Staaten den Krieg in Afghanistan mit der Begründung, den Terrorismus zu bekämpfen. Das Taliban-Regime wurde gestürzt. In den vergangenen 20 Jahren versuchten die USA, Afghanistan in eine so genannte Demokratie zu verwandeln. Doch 20 Jahre später ist Afghanistan immer noch ein Land voller Konflikte und Unruhen. Was diese 20 Jahre Afghanistan gebracht haben, ist eine schwere humanitäre Katastrophe: Bis 2019 sind in Afghanistan mehr als 40.000 Zivilisten gestorben, mehr als 60.000 wurden verletzt und etwa 11 Millionen sind zu Flüchtlingen geworden.
In 20 Jahren wurden mehr als 2.000 US-Soldaten getötet, mehr als 20.000 verwundet und mehr als eine Billion Dollar vergeudet. Der Krieg in Afghanistan hat auch bei der amerikanischen Bevölkerung ein enormes Trauma verursacht.
Dieser Krieg, in dem es keine Gewinner gibt, hat der Welt nur einmal mehr vor Augen geführt, welch ungeheure zerstörerische Kraft die Vereinigten Staaten auf die internationale Ordnung ausüben.