Joschka Fischer: Der Westen und der Aufstieg Chinas – Kalter Krieg 2.0 oder selbstbewusste, begrenzte Zusammenarbeit?

2021-06-28 14:39:33

Der ehemalige deutsche Vize-Kanzler und Außenminister, Joschka Fischer, hat vor kurzer Zeit einen Artikel namens „Der Westen und der Aufstieg Chinas – Kalter Krieg 2.0 oder selbstbewusste, begrenzte Zusammenarbeit?“ veröffentlicht.

Fischer schrieb in dem Artikel: „Es hat sich schon einige Zeit abgezeichnet, aber spätestens mit dem jüngsten G7 Gipfel in Cornwall riecht es in der internationalen Politik sehr stark nach einer Neuauflage des Kalten Krieges aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwischen den USA und der Sowjetunion. China ist nicht mehr nur Konkurrent und Rivale, sondern die ‚systemische Alternative‘ zum Westen. Erneut scheint es um sich gegenseitig ausschließende ‚Systeme‘ zu gehen, um eine Konfrontation von Werten und Macht- und globalen Führungsansprüchen, die eine große militärische Konfrontation oder zumindest einen neuen Rüstungswettlauf zwischen den beiden Weltmächten des 21. Jahrhunderts nicht ausschließen.“

Fischer fuhr fort, bei näherer Betrachtung scheine der Vergleich mit dem Kalten Krieg im 20. Jahrhundert und der sich abzeichnenden Konfrontation zwischen dem Westen und China aber mehr in die Irre zu führen als zur Klärung beizutragen.

Weiter schrieb er: „China zwangsweise zu verwestlichen und zu demokratisieren? Es in seiner Machtentfaltung einzudämmen und technologisch zu isolieren, es zurückzudrängen? Oder, ein begrenzteres Ziel, seinen Aufstieg nur zu verlangsamen? Und dann? All diese Ziele sind illusionär und werden niemals zu vertretbaren Kosten für alle Beteiligten erreichbar sein. … Dass der Westen aus seinen illusionären Träumen über Chinas Aufstieg erwacht ist, war dringend nötig und kommt vielleicht schon zu spät. Die ökonomische Gier hat hier im Westen zweifellos zu lange den Verstand und nüchternes Kalkül blockiert.“

Fischer betont, die COVID-19-Pandemie und nach ihr die drohende Klimakrise würden in diesem Jahrhundert gerade die großen Mächte vorneweg zur Zusammenarbeit zwingen, oder die Menschheit insgesamt werde verlieren, egal wer dann die Nummer 1 auf der Welt sein werde.

Die Frage nach der globalen Nummer 1 werde in der Führungsfähigkeit bei der Abwehr solcher globaler Krisen und Bedrohungen entschieden werden und nicht in einem neuen sinnlosen Kalten Krieg, der keinen Sieger mehr kennen werde, sondern nur noch Verlierer, so der deutsche Politiker weiter.

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