Kishore Mahbubani, Ehrenmitglied des Asieninstituts an der National University of Singapore und ehemaliger Diplomat des südostasiatischen Stadtstaates, hat sich kürzlich in einem Inverview mit der französischsprachigen Schweizer Zeitung „Le Temps“ zu den Beziehungen zwischen China und den USA sowie zwischen China und der EU geäußert und die Entwicklung der Volksrepublik kommentiert.
Demnach hätten der ehemalige US-Präsident Donald Trump und die vorangegangenen US-Regierungen die Möglichkeit erwogen, China durch eine wirtschaftliche Herausforderung zu einem freien demokratischen Land nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten zu machen. Der frühere US-Außenminister Mike Pompeo und der frühere Vizepräsident Pence glaubten sogar an die Machbarkeit eines Sturzes der chinesischen Regierung – eine Denkweise, die Kishore Mahbubani als eine naive und arrogante Illusion abtat.
Kishore Mahbubani wies zudem darauf hin, dass die Biden-Regierung möglicherweise den gleichen Fehler begehe. Nach Ansicht von Präsident Biden seien alle Maßnahmen der Trump-Regierung in Bezug auf China falsch gewesen – mit Ausnahme der Handelssanktionen. Aus diesem Grund seien die Handelssanktionen gegen die Volksrepublik auch nicht aufgehoben worden. In Wirklichkeit habe Trumps Anti-China-Politik die Volksrepublik aber keineswegs geschwächt, sondern sogar gestärkt.
Kishore Mahbubani wies darauf hin, dass China bestehende Vorteile seines Systems unter Beweis gestellt habe. Die Qualität der Regierungsführung habe jene der Vereinigten Staaten übertroffen. Dies zeige sich unter anderem in der Kompetenz beider Länder im Umgang mit der Corona-Pandemie. In den USA seien bisher über 500.000 Menschen an Corona gestorben, in China hingegen weniger als 5.000. In Amerika müsse man zur Kenntnis nehmen, dass sich das China von heute von der ehemaligen Sowjetunion unterscheide.
Kishore Mahbubani bekräftigte darüber hinaus, dass Hongkong und Xinjiang Teil des chinesischen Territoriums seien und zu den inneren Angelegenheiten der Volksrepublik zählten. Die Taiwan-Frage sei die sensibelste unter allen Fragen zwischen China und den USA. Obwohl es auch innerhalb Chinas Meinungsverschiedenheiten gäbe, herrsche über die Zugehörigkeit Taiwans zu China ein eindeutiger Konsens, so der Wissenschaftler aus Singapur.