dpa
Die Firma Kluge in Wuppertal stellt seit 130 Jahren hochwertige Klaviaturen her und bestückt damit weltweit Flügel und Klaviere.
«Firma Bösendorfer/Wien - Vorsicht: zerbrechlich!», steht in schwarzen Riesenlettern auf der großen Holzkiste. Sechs hochwertige Klaviaturen aus feinsten Materialien sind es, die penibel verpackt in jener Kiste auf ihre Reise nach Österreich gehen sollen, um dort anschließend von Klavierbauern in die zugehörigen Flügel eingebaut zu werden.
Wenn einer der berühmten Pianisten dieser Welt in die Tasten greift, dann ist mit ziemlicher Sicherheit eine Klaviatur der Wuppertaler Firma Kluge mit im Spiel. Seit 1876 produziert das Unternehmen Tasten für Flügel, Klaviere und Cembali und beliefert alle Hersteller mit klingenden Namen wie Steinway, Bösendorfer, Yamaha oder Schimmel.
Eine spezielle Sorte von Fichtenholz, Ebenholz für die «Halbton-Tasten», besonders weicher Filz sowie Metallteile aus Stahl und Messing sorgen für den exzellenten Anschlag. Es ist aber auch die ganz spezielle Art der Herstellung durch die insgesamt 45 Mitarbeiter. «Wir sind sehr detailverliebt», sagt Kluge-Geschäftsführer Stefan Gritzka (geb. 20.7.1968). Maschinen spielen bei der Anfertigung eher eine Nebenrolle, vielmehr ist hier liebevolle Handarbeit gefragt. Die Hölzer werden einzeln abgehobelt, die Löcher millimetergenau gebohrt, Filze aufgesteckt, die Seitenränder der schwarzen Tasten alle einzeln und von Hand «gestempelt».
«Eine Spur besser und immer ein Quäntchen spielbarer», so sollen die Kluge-Tastaturen sein. Dafür hören die Mitarbeiter von Kluge auch genau auf Kritik von Pianisten. Diese stellten zwar keine Sonderwünsche vor der Produktion, aber es komme schon einmal vor, dass sich ein Künstler nach seiner Anspielprobe über eventuelle Nebengeräusche beklage, erzählt Gritzka. «Da sagt der Pianist dann: Irgendwas ist doch da, ich höre ein Geräusch.» Und obwohl man selbst dieses Geräusch nicht begreifen und schon gar nicht hören könne, werde die Klaviatur selbstverständlich sofort ausgebaut und angesehen - und tatsächlich habe der Künstler dann auch recht.
Doch solche Nebengeräusche sind bei Kluge selten, schließlich muss sich die Firma gegen zwei Konkurrenten in Deutschland und rund 15 weltweit durchsetzen. Bereits vor Jahren wurde das edel schimmernde Elfenbein durch den eigens entwickelten Kunststoff «Tharan» abgelöst; einen Stoff, der weder zu glatt, noch zu kalt für empfindliche Finger sein darf. «Die Pianisten sind da sehr sensibel, die merken wirklich jeden kleinen Unterschied», weiß der Kluge-Chef. Für Klaviaturen gilt eine Norm, zu der auch der genau festgelegte Abstand von 1,2 Millimetern zwischen den einzelnen Tasten gehört.
Trotz aller festgelegten Normen ist jede einzelne Kluge-Klaviatur ein Unikat mit eigener Serien-Nummer und dem unverkennbaren Kluge-Stempel. Zwischen 220 und 1500 Euro kostet eine Klaviatur, die Fertigung der 88 Tasten auf edlem Holzrahmen dauert rund zehn Wochen. Trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten wolle man bei Kluge auch weiterhin viel Zeit und Herzblut auf jede einzelne Taste verwenden, schließlich sei die Klaviatur das Wichtigste an einem Instrument, sagt Geschäftsführer Edmund Böckenholt (15.8.1940). «Die Tastatur ist das Erste, was der Pianist berührt und sein Mittel, um die Musik zum Klingen zu bringen.»
|