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Interview mit Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske
   2008-09-23 13:39:44    Seite Drucken    cri

Im August weilte der Rektor der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Professor Dr. Karl-Dieter Grüske, in China. An der University for International Business and Economics (UIBE) in Beijing bekam Professor Grüske, der zugleich stellvertretender Präsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist, die Ehrenprofessorwürde verliehen. Mit Dr. Grüske führten wir kürzlich in Beijing ein Exklusivgespräch.

Qiu: Herr Professor, herzlichen Glückwunsch zur Verleihung der Ehrenprofessorwürde der University for International Business und Economics in Beijing (UIBE)! Werden Sie nun auch in Zukunft hier in Beijing unterrichten beziehungsweise sind einzelne Seminare und Vorträge von Ihnen an der UIBE geplant?

Grüske: Ich werde das nächste Mal, wenn ich hierher komme, einen Vortrag halten und nach meiner Amtszeit als Rektor der Universität Erlangen-Nürnberg habe ich vor, hier auch Seminare und Vorlesungen zu halten.

Qiu: Können Sie uns etwas zur Partnerschaft zwischen Ihrer Universität, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, und der UIBE sowie zu konkreten Projekten sagen?

Grüske: Wir haben seit 1999, also seit fast zehn Jahren einen Kooperationsvertrag mit der UIBE und dieser wird mit Leben erfüllt. Das heißt, es kommen immer mehr Studierende aus China nach Erlangen und Nürnberg an unsere wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. Das sind jetzt etwa 15 Studenten pro Jahr, die bei uns den Master machen und die bei uns sehr gut anerkannt sind. Wir pflegen diese langjährige Freundschaft und wir haben natürlich auch deutsche Studierende, die hierher kommen, um vor allem Sprachen zu lernen. Und seit einiger Zeit verstärkt sich dieses gegenseitige Verhältnis. Wir haben ein spezielles Projekt, ein sogenanntes Vier-Plus-Zwei-Programm. Das heißt, die chinesischen Studenten lernen hier vier Jahre die deutsche Sprache und ökonomische Grundkenntnisse und gehen dann für zwei Jahre an unsere Universität, um dort ihren Master zu machen. Das ist ein abgestimmtes Studienprogramm, das wir erst vor einiger Zeit entwickelt haben, und das sehr erfolgreich läuft.

Qiu: Mit welchen chinesischen Universitäten pflegen Sie sonst noch Kontakte?

Grüske: Wir arbeiten seit vielen Jahren mit chinesischen Universitäten, nicht nur mit der UIBE, zusammen. Etwa 15 Partnerschaften haben wir hier mit den meisten führenden Universitäten, also mit der Beida oder mit der Tsinghua, mit der Fudan-Universität, der Jiaotong-Universität und der Tongji-Universität in Shanghai.Wir haben eine ganze Reihe von Partnerschaften mit Universitäten in ganz China.

Qiu: Sie sind unter anderem auch Vize-Präsident der Hochschulrektorenkonferenz HRK. Welche Schritte hat speziell die HRK zur Zusammenarbeit mit China unternommen?

Grüske: Die deutsche Hochschulrektorenkonferenz hat zusammen mit dem DAAD, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, vor einiger Zeit eine Studie zu den Partnerschaften zwischen deutschen und chinesischen Universitäten erstellt. Wir haben dabei festgestellt, dass wir fast 450 Partnerschaften mit chinesischen Universitäten haben. Wir haben mit den 27.000 Chinesen in Deutschland die meisten Studierenden aus dem Ausland von allen Ländern der Welt. Das heißt, für uns ist der Austausch mit China ganz besonders wichtig. Und es gibt gerade in der Zusammenarbeit mit dem DAAD und mit der HRK eine ganze Reihe von Aktivitäten. Zum Beispiel die Auswahl von chinesischen Studierenden, die nach Deutschland kommen wollen, und die vom DAAD im Zusammenhang mit der HRK vorgeprüft werden, und dann nach Deutschland weiterhin empfohlen werden. Das ist ein sehr wichtiges Programm von uns. Und wir werden auch in Zukunft mit den chinesischen Rektoren sehr enge Verbindung halten, um diese Programme weiter zu intensivieren.

Qiu: Welche Vorhaben verfolgen Sie und die HRK hinsichtlich der Zusammenarbeit im Bereich Hochschulbildung zwischen Deutschland und China in der Zukunft?

Grüske: Wir werden der Bedeutung Chinas entsprechend diese Zusammenarbeit weiter intensivieren. Die Hochschulrektorenkonferenz ist dabei ja eine der Stimmen der deutschen Bildungs-, Universitäts- und Fachhochschulgemeinschaft. Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir im wissenschaflichen Austausch vor allem stärker vorankommen. Vieles, was im Moment passiert, ist auf den Studentenaustausch begründet. Ich meine aber, dass wir gute Chancen haben auch auf dem Gebiet von Forschung und Wissenschaft voranzukommen, und noch stärker zu kooperieren. Das gilt für den Bereich der technischen Universitäten aber auch in anderen Bereichen, in den Naturwissenschaften, in der Medizin und in den Geisteswissenschaften natürlich jedenfalls. Aber ich denke, dass man erstmals hier auf dem wissenschaftlichen Forschungsgebiet noch stärker zusammenarbeitet.

Qiu: Schon 1985 waren Sie zu einem zweimonatigen Forschungsaufenthalt hier in China. Wie sehen Sie in Anbetracht dessen, noch dazu heute als Rektor und bekannter Ökonom, die Veränderungen Chinas in den vergangenen Jahrzehnten?

Grüske: China und seine Universitäten haben sich unglaublich dynamisch entwickelt. 1985 gab es ein einziges übersetztes Buch zu den Wirtschaftswissenschaften an der Beida. Das war die "Volkswirtschaftslehre" des Nobelpreisträgers Samuelson. Das ist ein amerikanisches Lehrbuch, das in Chinesisch übersetzt wurde. Das war wirklich das Einzige. Das heißt, es gab so ein Wissen über Marktwirtschaft nur sehr rudimentär. Heute ist das völlig anders. Die Universitäten haben sich unglaublich entwickelt, nicht nur in der Infrastruktur, sondern auch in ihren Ausbildungsgängen und im Bereich der Professoren, die häufig auch im Ausland ausgebildet worden sind, gerade in den USA, aber vor allem auch in Deutschland, und das heute weitergeben, was weltweit an Wissen vorhanden ist. Die Entwicklung ist bewundernswert und wird vielleicht außerhalb Chinas nur von denen, die seit langer Zeit dieses beobachten, wirklich verstanden. Wenn man nur einmal hier her kommt, dann sieht man einen Augenblick, eine Aufnahme sozusagen, und sagt, alles hier ist ja ganz schön. Aber wenn man sieht, wo China herkommt, gerade in der Entwicklung, dann ist es umso beeindruckender.

Qiu: Wie beurteilen Sie, ausgehend von der bereits erfolgten Entwicklung, die Zukunft Chinas?

Grüseke: China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stetig in eine Richtung entwickelt. Ich weiß als Ökonom, dass es niemals nur eine Richtung gibt. Es wird mit Sicherheit alles nicht ganz glatt laufen. Es gibt auch Reibungsverluste. Aber der Trend ist entscheidend und der zeigt in China eindeutig aufwärts. Die Zukunft Chinas ist noch lange nicht ökonomisch gesehen an einen Höhepunkt angelangt. Sie haben noch große große Gebiete im Westen Chinas, in Zentralchina, die noch weiter zu entwickeln sind. Und wenn man das alles mit einbezieht, dann gibt es hier riesige Chancen in der weiteren Zukunft. Ich denke, dass gerade die internationalen Beziehungen dazu ein wichtiger Katalysator und die Wissenschaft und die Bildung ein ganz wichtiger Schlüssel sind.

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