Chinesische Turner haben am ersten Finaltag der Einzelwettbewerbe im Turnen zwei Goldmedaillen gewonnen. Der junger Zou Kai hat im Bodenturnen überraschend Gold geholt und Xiao Qin ist am Pauschenpferd seiner Favoritenrolle gerecht geworden. Cheng Fei, Mannschaftsführerin der chinesischen Turnerinnen, hat am Sprung und im Bodenturnen leider zwei Fehler begangen, konnte sich jedoch trotzdem noch die Bronzemedaille am Sprung sichern. Die Musik und die Darbietungen der beiden chinesischen Turnerinnen am Boden, die mit vielen traditionellen Elementen aus China angereichert waren, haben die Zuschauer trotzdem sehr beeindruckt.
Am Sonntagabend haben chinesische Turnerinnen und Turner insgesamt an vier Wettkämpfen teilgenommen. Bei Zou Kai hat man im Bodenturnen eigentlich mit keiner Medaille gerechnet. Der Turner ist noch sehr jung und hat bislang nur wenig Erfahrungen bei großen Turnieren sammeln können. Hingegen wurden die beiden Favoriten in dieser Disziplin, Marian Dragulescu aus Rumänien und Diego Hypolito aus Brasilien, sehr stark eingeschätzt.
Beide sind im Wettkampf vor Zou Kai angetreten, begingen aber jeweils deutliche Fehler, wodurch Zou Kai die Chance auf eine Goldmedaille erhielt. Er präsentierte daraufhin eine stabile Darbietung am Boden und erreichte 16,05 Punkte, womit er Olympiasieger im Bodenturnen wurde und erstmals seit 16 Jahren die Goldmedaille in dieser Disziplin wieder an einen chinesischen Turner vergeben wurde. Nach dem Wettkampf sagte Zou Kai vor der Presse, er habe im Vorfeld nicht viel erwartet. Trotz der weltbekannten Gegnern sei er sehr gelassen in den Wettkampf gegangen. Wörtlich sagte er:
"Alle Athleten im Bodenturnen sind wichtige Gegner für mich, denn es gibt keinen großen Unterschied zwischen den Ausgangspunkten des einzelnen Turners. Ich hatte bisher noch keinen internationalen Titel im Einzel gewonnen. Deswegen war ich sehr gelassen und wollte nur vollen Einsatz zeigen. Verglichen mit den weltbekannten Turnern war ich deshalb vielleicht etwas ruhiger."
Das Bodenturnen war lange Zeit ein Schwachpunkt der chinesischen Turner. Der Aufstieg von Zou Kai hat diese unerfreuliche Situation nun sehr verbessert. Bai Yuanshao, Zou Kais Trainer, sagte dazu, von der Statur her sei Zou Kai eigentlich kein überlegener Gegner. Sein Erfolg sei hauptsächlich seinem Einsatz und seinem Fleiß zu verdanken. Bai Yuanshao sagte weiter:
"Durch Zou Kais Erfolg wird ein chinesisches Sprichwort bestätigt, nämlich "Das Glück belohnt den Tüchtigen". Ausgehend von seiner Überlegenheit in der Koordination haben wir die Schwierigkeit seiner Bewegungen gesteigert. Dabei ist uns aber aufgefallen, dass Zou Kai sehr schnell zugenommen hat. Deswegen musste er sein Gewicht immer streng kontrollieren. Es war sehr schwer und sehr hart für ihn. Er hat in unserer Mannschaft am fleißigsten trainiert. Seine Anstrengungen sind nicht umsonst gewesen."
Die Goldmedaille von Zou Kai hat die chinesische Turnermannschaft sehr überrascht. Im Vergleich dazu ist Xiao Qin mit seinem Sieg am Pauschenpferd den Erwartungen gerecht geworden. Vor vielen Jahren hat Xiao Qin bereits den Spitznamen „König des Pauschenpferds" bekommen. Seine Bewegungen am Pauschenpferd haben ihm international einen guten Ruf gebracht und oft wurden seine Leistungen „wie aus dem Lehrbuch" bezeichnet.
Xiang Qin ist ein aktiver Soldat. Bei den Olympischen Spielen in Athen vor vier Jahren machte er am Pauschenpferd einen schweren Fehler und konnte so die Endrunde nicht erreichen. Auf das Finale in Beijing musste er seitdem lange warten. Aber als bei der Siegerehrung die chinesische Nationalhymne gespielt wurde, zeigte sich der Olympiasieger auf dem Podest nicht sehr aufgeregt oder zu Tränen gerührt. Vielmehr hob er seine rechte Hand und salutierte würdevoll.
Im Vergleich zu den Herren war die Darbietung der chinesischen Turnerinnen etwas enttäuschend. Die Mannschaftsführerin Cheng Fei hat am Sprung und am Boden zwei Fehler begangen, konnte aber trotzdem noch am Sprung eine Bronzemedaille gewinnen. Jiang Yuyuan hingegen konnte im Bodenturnen ihr Können relativ gut zeigen. Im Vergleich zu ihren amerikanischen und rumänischen Gegnerinnen war sie jedoch noch nicht stark genug und belegte schließlich den vierten Platz.
Die Musik und die Bewegungen der beiden Mädchen am Boden haben gleichwohl die Zuschauer und die Wettkampfrichter, besonders aus den westlichen Ländern, sehr beeindruckt. Cheng Fei hat das berühmte chinesische Piano-Solokonzert "Der Gelbe Fluss" als Begleitmusik gewählt, wobei traditionelle Gongs integriert wurden. Die Melodie des uigurischen Volksliedes "Lass mich deinen Schleier anheben" hat die Bewegungen von Jiang Yuyuan begleitet, und auch ihre Darbietung war stark von traditionellen uigurischen Tänzen beeinflusst.
Der bekannte Turnkommentator und internationale Wettkampfrichter Jin Baocheng sagte dazu, es sei eine wichtige Tendenz im Frauenturnen, künstlerische Elemente hervorzuheben. Chinesische Turnerinnen seien gerade dabei, mehr chinesische Elemente in ihre Darbietungen zu integrieren, was ein nützlicher Ansatz sei. Weiter sagte Jin:
"Das künstlerische Niveau und der Wert einer Bewegungskombination stehen im direkten Verhältnis. Ein wichtiger Bestandteil des künstlerischen Niveaus ist die Musik. Musik sorgt für gute Atmosphäre im Wettkampf und verbessert die Darbietung des Athleten. Durch die Musik kommt eine starke Audiowirkung zustande und eine Interaktion zwischen Sportlern und Zuschauern wird ermöglicht. Cheng Fei hat das Piano-Solokonzert „Der Gelbe Fluss" verwendet. Das machte ihre Bewegungen energievoller. Durch den Ton des Gongs wurden mehr chinesische Elemente integriert. Dadurch ist das Turnen, das eigentlich aus Europa stammt, chinesischer geprägt worden."