Wir sind zurück, mitten in der Karriere der meistdekorierten amerikanischen Schwimmerin aller Zeiten. Bislang haben wir noch nicht miterlebt, dass sie es bei Olympischen Spielen in einem Einzelwettkampf aufs Treppchen geschafft hat, aber wir haben auch erst zwei ihrer vier Auftritte bei Olympischen Spielen verfolgt. Aber bevor wir uns wieder mit Jenny Thompson bei den Olympischen Spielen befassen, wollen wir auf die Jahre dazwischen blicken. Denn sie blieb auch nach ihrer Enttäuschung über die verpasste Chance, in den Einzelwettbewerben bei den Spielen in Atlanta antreten zu können, vorn dabei. Bei den Weltmeisterschaften 1998 gewann sie Einzelgold über die 100 Meter Freistil und über die 100 Meter Schmetterling, außerdem sicherte sie sich zwei Goldmedaillen in den Staffeln über 100 Meter Freistil und über 100 Meter Lagen. Irgendwann musste es doch auch mal bei Olympischen Spielen klappen. Zwischen 1997 und 1999 gewann Thompson insgesamt acht Weltmeisterschaftstitel, sie wurde dreimal in Folge Weltmeisterin über 100 Meter Freistil. 1999 gelang ihr etwas, was sie selbst für unfassbar hielt. "I can't believe it. I'm so psyched", sagte sie selbst nach ihrem Erfolg, was bedeutet, dass sie es kaum glauben konnte, und dass sie unbeschreiblich aufgekratzt und aufgedreht war. Denn bei einem Wettkampf am 23. August 1999 konnte Jenny Thompson den Weltrekord von Mary T. Meagher über 100 Meter Schmetterling verbessern. Der Rekord hatte seit 1981 nicht gebrochen werden können. Meaghers Zeit von 57,93 Sekunden galt als ein so bedeutender Rekord wie Bob Beamons Weltbestleistung im Weitsprung 1968. Meaghers Zeit galt als unglaublich und stand eben jene 18 Jahre als gefürchtete und geachtete Marke, dann kam Jenny Thompson. Sie brauchte für die 100 Meter Schmetterling 57,88 Sekunden. Wieder präsentierte sich Thompson also kurz vor den Olympischen Spielen, diesmal denen in Sydney, in Bestform.
Diesmal qualifizierte sie sich auch für die Einzelwettbewerbe bei den Spielen. Aber es wollte wieder nicht so klappen, wie sie es sich gewünscht hatte. Über die 100 Meter Freistil schaffte sie es zwar aufs Treppchen, aber nicht zu Gold. Thompson gewann nur Bronze. Über die 100 Meter Schmetterling wurde sie nur enttäuschende Fünfte, mit dem Einzelolympiasieg wollte es einfach nicht klappen. Dafür lief es mit der Mannschaft aber wieder mal umso besser. Ihre Leistung sicherte der 4 x 100 Meter Freistilstaffel der USA die Titelverteidigung, das Team gewann in neuer Weltbestzeit. Auch über die 4 x 200 Meter Freistil konnten die Amerikanerinnen ihren Titel verteidigen. Im Wettkampf um die Medaillen über die 4 x 100 Meter Lagen hatten sie ebenfalls die Nase vorn, mit neuem Weltrekord holten die Mädels Gold. Damit hatte Jenny Thompson bereits acht olympische Goldmedaillen, eine olympische Silber- und eine Bronzemedaille gewonnen. Schon jetzt gehörte sie zu den erfolgreichsten Olympioniken aller Zeiten. Zu erwähnen ist nach dieser erneuten Enttäuschung bei den Olympischen Spielen, dass es bei den Kurzbahnweltmeisterschaften im Jahr 2000 in Athen für Jenny Thompson mal wieder deutlich besser gelaufen war, als bei den Olympischen Spielen. In Athen hatte sie nämlich den Weltrekord über 100 Meter Schmetterling erneut verbessert, sie brauchte für die Strecke nun nur noch 56,56 Sekunden, nur bei den Olympischen Spielen waren ihr solche Erfolge bislang verwehrt geblieben.
Nach der Saison des Jahres 2000 erklärte Thompson ihren Rücktritt, ihre Bilanz von zehn olympischen Medaillen und zwölf Medaillen von Weltmeisterschaften war ja nun auch wirklich beeindruckend genug. Thompson widmete sich nun wieder ihrem anderen Lebensziel. Im Jahr 2001 zog sie nach New York, um ihr Studium an der medizinischen Fakultät der Columbia University aufzunehmen. Aber irgendwie ging ihr das Schwimmen offensichtlich doch ab, denn trotz aller Belastung durch ihr Studium meldete sie sich bei den Panpazifikspielen 2002 in Yokohama eindrucksvoll zurück. Bei ihrem Comeback gewann sie Bronze über die 100 Meter Freistil und über 100 Meter Schmetterling, mit der 4 x 100 Meter Freistilstaffel schwamm sie zu Silber, ebenso mit der Lagenstaffel. Ihr größter Erfolg war aber ihre Karrierebestzeit über 50 Meter Freistil. Mit ihrer hervorragenden Zeit sicherte sie sich die Goldmedaille. Und es sollte erfolgreich weitergehen. Bei den Weltmeisterschaften 2003 schwamm Thompson zu fünf Medaillen, über die 100 Meter Schmetterling war das Edelmetall goldenen, auch mit der 4 x 100 Meter Freistilstaffel ging's ganz oben aufs Treppchen.
Im darauf folgenden Jahr qualifizierte sich Jenny Thompson für ihre vierten Olympischen Spiele. In Athen hatte sie erneut entscheidenden Anteil am Erfolg der amerikanischen 4 x 100 Meter Freistilstaffel und das obwohl sie mit 31 Jahren die Älteste im amerikanischen Team war. Die USA gewannen in neuem amerikanischen Rekord Silber hinter der Mannschaft aus Australien. Auch über die 4 x 100 Meter Lagen gab es Silber für das US-Team mit Jenny Thompson. Danach beendete Thompson endgültig ihre aktive Laufbahn. Sie widmete sich voll und ganz ihrem Studium, das sie 2006 abschloss. Inzwischen arbeitet sie als Anästhesistin in einem Bostoner Krankenhaus. Wer dort in einen vorübergehenden Schlaf befördert wird, wird dies manchmal von einer der größten Olympioniken aller Zeiten möglich gemacht. Denn auch wenn es Jenny Thompson nie gelang, Einzelolympiasiegerin zu werden, so war sie dennoch eine der beständigsten Schwimmerinnen ihrer Zeit. Ihre Medaillenbilanz trägt dem Rechnung. Sie ist ein schönes Beispiel dafür, dass man sogar in einer Einzelsportart als echte Teamathletin zu unbeschreiblichem Erfolg kommen kann.