Ein umfassendes Regelwerk sorgt dafür, dass die Wettkämpfe bei den Olympischen Spielen fair ablaufen, sollte man meinen. Nun gut, wir wissen alle, dass Menschen seit Menschengedenken immer wieder versuchen, unbequeme Regeln zu umgehen, und auch Sportler sind nur Menschen. So hat es in der langen Geschichte der Olympischen Spiele immer wieder Regelverstöße gegeben und bei weitem erfolgten diese nicht alle im Zusammenhang mit Doping. Viele waren viel harmloser und entbehrten nicht einer großen Portion Humor.
Ein Schmunzeln entlockt uns beispielsweise der nette, wenngleich zum einen unnötige, zum anderen vermutlich auch vollkommen unwirksame Versuch, den sowjetischen Speerwerfer Dainis Kula im Wettkampf zu unterstützen. Kula gewann ohnehin die Goldmedaille bei den Spielen 1980 in Moskau. Allerdings wurde später berichtet, dass die Offiziellen jedes Mal, wenn ein sowjetischer Athlet den Speer warf, die Türen des Stadions geöffnet hatten, um für Rückenwind zu sorgen. Es ist sehr zweifelhaft, ob Kulas Sieg wirklich etwas mit dieser Maßnahme zu tun hatte.
Deutlich wilder trieb es da schon Boris Onischenko. Der sowjetische Athlet wollte bei seinem Auftritt bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal seine Leistungsfähigkeit im Fechten etwas verbessern. Er benutzte dazu einen manipulierten Degen. Auf Knopfdruck konnte Onischenko so Treffer verbuchen, die er gar nicht erzielt hatte. Allerdings war sein Betrugsversuch nur für kurze Zeit erfolgreich, denn ein aufmerksamer Kampfrichter bemerkte, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu gehen konnte. Die Sache flog auf, Onischenko wurde disqualifiziert und mit ihm das gesamte Fünfkampfteam.
Bei den Spielen 1900 in Paris lief nicht immer alles glatt, schließlich steckten die Spiele der Neuzeit ja auch noch in den Kinderschuhen. Hier wurde dem Sieger im Marathonlauf Schummellei vorgeworfen. Denn Michel Theato kam bei ungewöhnlich heißen Temperaturen in einer unglaublich schnellen Zeit von 2 Stunden 59, 45 Minuten ins Ziel. Vor allem die Amerikaner vermuteten, dass da etwas faul war. Die Marathonstrecke hatte nämlich durch Paris geführt und Theato sollte seine Ortskundigkeit hierbei geschickt genutzt haben, um immer wieder Abkürzungen zu nehmen. Ortskundig war Theato mit Sicherheit, denn als Laufbursche einer Bäckerei kannte er auch noch das letzte Gässchen von Paris. Allerdings konnte man ihm nie nachweisen, dass er von diesem Wissen Gebrauch gemacht hatte. Er behielt seine Olympische Goldmedaille. Pikant ist, dass dieser Sieg lange dem Franzosen Theato zugerechnet wurde, bis man herausfand, dass der Bäckerlaufbursche eigentlich ein Luxemburger war. Das IOC führt Theato allerdings nach wie vor als Franzosen, vielleicht weil er sich in der französischen Hauptstadt so gut ausgekannt hat.
Ein sehr cleverer Versuch, ein bisschen zu Schummeln, unternahm auch Madeline de Jesus aus Puerto Rico bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles. Die Sportlerin war sowohl für den Weitsprung als auch für die 4 x 400 Meter Staffel qualifiziert. Nachdem sie sich im Weitsprung verletzt hatte, versuchte sie, ihre Chance auf eine Teilnahme an der Staffel durch einen Trick zu erhalten. Sie schleuste ihre Zwillingsschwester Margaret de Jesus ein, sie sollte in einem Vorlauf Madelines Part übernehmen, bis zum nächsten Lauf würde diese sich von der Verletzung erholt haben. Der geniale Plan ging nicht auf, weil der puertoricanische Trainer seine Schützlinge offenbar so gut kannte, dass er auch Zwillinge auseinander halten konnte. Als er den versuchten Betrug bemerkte, zog er die gesamte Mannschaft zurück.
Offenbar hat es schon fast ein wenig Tradition, dass die Sportler beim Lauf der Leiden etwas nachhelfen, nicht immer konnten sie dabei auf Abkürzungen vertrauen. So kam der amerikanische Läufer Fred Lorz nach dem grauenhaften Hitzekampf über 42,195 Kilometer bei den Spielen 1904 in St. Louis als erster ins Ziel. Er ließ sich feiern, bis aufflog, dass er die Hälfte der Strecke in einem Begleitfahrzeug zurückgelegt hatte. Es half alles nichts, auch sein Versuch, sein Vergehen als Witz auszugeben, blieb erfolglos. Er wurde lebenslang gesperrt, der Amerikaner Thomas Hicks, der in St. Louis als zweiter ins Ziel kam, wurde Olympiasieger. In den USA durfte Lorz schon ein Jahr später wieder starten. 1905 gewann er den Boston Marathon, diesmal nachweislich auf ehrliche Weise. Schon beim Marathon bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit hatte sich ein Läufer das Leiden im Lauf der Leiden etwas vermindert. Der drittplatzierte Grieche Spyridon Belokas hatte einen Teil der Strecke in einem Fuhrwerk zurückgelegt, als dies bekannt wurde, löste es beim Publikum heftige Reaktionen aus. Belokas musste einige Demütigungen ertragen. Als Drittplatzierter wurde nun Gyula Kellner aus Ungarn angegeben.
Aber nicht nur zu Lande, sondern auch auf dem Wasser wurde manchmal etwas nachgeholfen, und dass bei den Spielen 1900 in Paris nicht alles so klappte wie gewünscht, wissen wir inzwischen auch. Nun, die Regatta der Offenen Klasse in Paris litt unter extremer Flaute, von den 49 gestarteten Booten kamen nur sieben ins Ziel. Zwei wurden aber disqualifiziert, die Boote Carabinier und Mamie hatten mit Motorkraft für etwas "Wind" auf dem Weg ins Ziel gesorgt.