Um eine ausgewogene Wirtschaftsentwicklung in den urbanen und ländlichen Regionen zu erreichen, bemüht sich die chinesische Regierung seit ein paar Jahren um den "Aufbau neuer sozialistischer Dörfer". Ein erfolgreiches Beispiel dafür kann man in einem Außenbezirk der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin finden.
Zunächst wollen wir Ihnen die Idee der "neuen sozialistischen Dörfer" im Einzelnen kurz vorstellen: Die Dörfer sollen ein angenehmes Lebensumfeld bieten, also Ordnung und Sauberkeit, außerdem sollen gute Umweltbedingungen und wirtschaftliche Prosperität herrschen, die Dörfer sollen zudem eine demokratische Verwaltung bekommen. Wuqing, ein Außenbezirk der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin, bemüht sich seit Jahren darum, diese Ziele zu erreichen. Die Landwirtschaft wird gefördert und modernisiert, um gute Lebensbedingungen zu schaffen und den Menschen ein Leben in bescheidenem Wohlstand zu ermöglichen.
Der Tianjiner Außenbezirk Wuqing zählt, mit seinen vielen kleinen Dörfern, eher zu den ländlichen Gebieten der Region. Um eine ausgewogene Entwicklung zwischen den urbanen und den ländlichen Regionen zu erreichen, hat die Bezirksverwaltung ehrgeizige Entwicklungsziele festgelegt. Bis zum Jahr 2020 sollen die Dörfer ein wirtschaftliches Niveau erreicht haben, das dem der ärmeren Industrieländer wie Spanien und Portugal entspricht. Dieses Ziel soll in drei klar definierten Phasen erreicht werden. Bezirksdirektor Wang Shupei erklärt:
"Im Jahr 2010 soll der Schulbesuch kostenlos sein. Fünf Jahre später wollen wir ein Gesundheitssystem eingeführt haben, dass es den Bauern ermöglicht, kostenlos stationär in einem Krankenhaus behandelt zu werden. Und nicht zuletzt soll bis 2020 die Altersversorgung ausgebaut werden, um garantieren zu können, dass die älteren Bauern abgesichert sind."
Wang Shupei ging zunächst auf die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht genauer ein. Demnach solle für alle Jahrgänge ein kostenloser Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen neunjährigen Schulpflicht möglich sein. Diese Politik soll planmäßig innerhalb der kommenden zwei Jahre in allen Dörfern des Bezirks umgesetzt werden.
Auch das vergleichsweise schlechte Gesundheitssystem auf dem Land soll umfassende Verbesserungen erfahren. Um Bauern den Zugang zu ärztlicher Behandlung zu erleichtern, hat der Bezirk ein genossenschaftlich organisiertes Gesundheitswesen neuen Typs eingeführt. Dank eines Gemeinschaftsfonds können die Bauern Zuschüsse bekommen, um Arzthonorare oder Behandlungskosten zu tragen. Bezirksdirektor Wang Shupei nennt aktuelle Zahlen:
"Inzwischen haben wir erreicht, dass die Bauern in den Gemeinden-Kliniken im Falle einer stationären Behandlung nur noch 25 Prozent der Kosten aus eigener Tasche zahlen müssen. Bei einer stationären Behandlung in den Bezirks-Krankenhäusern müssen die Bauern die Hälfte der Kosten selbst tragen. 98 Prozent der Bauern beteiligen sich an diesem genossenschaftlichen System."
Auch beim Wohnungsbau sind die Dörfer des Bezirks Wuqing den anderen Dörfern rund um Tianjin deutlich voraus. Seit Anfang 2003 sorgt die Bezirksverwaltung dafür, dass baufällige Bauernhäuser abgerissen oder renoviert werden. Auch der Umweltschutz wird seither gefördert. In zehn Dörfern konnten die Bauern inzwischen in neue mehrstöckige Häuser umziehen. Bauern, die ihr Ackerland als Baufläche abgeben mussten, erhielten angemessene Abfindungen. Dazu Zhang Kuiqing, der stellvertretende Leiter des Dongpuwa-Wohngemeindekomitees im Bezirk Wuqing:
"Bauern, die ihr Land für Infrastruktur- oder Bauprojekte abgeben mussten, sind durch die Abfindung bis an ihr Lebensende versorgt. Diejenigen, die später von Unternehmen angestellt werden, erhalten eine Rente, die der der Erwerbstätigen in der Stadt entspricht. Die Tianjiner Stadtregierung hat aber noch eine andere Altersversorgung für ältere Bauern, die ihr Land abgeben mussten, eingerichtet. Derzeit erarbeiten wir ein Konzept für eine Krankenversicherung für diesen Personenkreis."
Die Bezirksverwaltung von Wuqing hat den Bauern empfohlen, Milchwirtschaft zu betreiben und Öko-Gemüse anzubauen. Dadurch konnten die Bauern ihr Einkommen deutlich steigern. Dank der geografischen Nähe zur nordchinesischen Metropole Tianjing produzieren die Bauern ihre Waren in unmittelbarer Nähe zu einem großen Absatzmarkt. Dank des Wegfalls hoher Transportkosten können die Bauern ihre Waren mit guten Gewinnen verkaufen.
Auch der Ausbau der Infrastruktur läuft derzeit in den Dörfern des Bezirks Wuqing auf Hochtouren. Der Schwerpunkt liegt dabei aktuell auf der Schaffung einer stabilen Stromversorgung und auf dem Straßenbau. Planmäßig sollen bis 2010 alle 741 Dörfer des Bezirks mit sauberem Trinkwasser versorgt werden. Es soll eine zentrale Abfallaufbereitung und eine stabile Gasversorgung geben.