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Glenn Morris (1)
   2008-01-14 17:17:01    Seite Drucken    CRI

Heute wollen wir Ihnen einen Athleten vorstellen, der zu den vergessenen Helden der Spiele gehört. Dabei hatte er bei seinem ersten Auftritt bei Olympischen Spielen 1936 in Berlin nicht nur sportlich für Aufsehen gesorgt. Vielleicht erinnert man sich heute selten an den Zehnkämpfer Glenn Morris, weil seine Karriere zwar außergewöhnlich, aber sehr kurz war. Oder es liegt einfach daran, dass er seinen Erfolg bei denselben Spielen feierte wie der große Jesse Owens und, dass dessen Schatten einfach zu mächtig war. Bei einer Gelegenheit konnte sich Morris aber gegen Owens durchsetzen, wir werden Ihnen selbstverständlich verraten bei welcher.

Aber fangen wir der Reihe nach an. Ein Blick auf Glenn Morris' Jugend liefert zunächst wenig Spektakuläres. Er wurde am 18. Juni 1912 auf der Pferdefarm seiner Eltern in Denver, Colorado, geboren. Als Zweitältester von sieben Geschwistern lernte er früh Verantwortung zu übernehmen und sich durchzusetzen. Für Extravaganzen war auf der Farm keine Zeit, denn jedes Kind, so auch Glenn, musste mit anpacken. Das gereichte ihm allerdings nicht zum Nachteil, wie Ralph Moore von der Denver Post berichtete. Morris eignete sich beim Einfangen eigensinniger Pferde eine sehr gute Koordinationsfähigkeit an. "r schaffte es, seine Aufgaben auf der Farm als Konditionstraining zu nutzen. Kurze Sprints, Starts, Stopps und Richtungswechsel übte Morris daher schon in frühester Jugend."

An seiner Highschool wurde er schließlich ein gefeierter Sportler, und es gab kaum eine Sportart, in der er nicht brillieren konnte. Er war im Football-, Basketball- und natürlich im Leichtathletik-Team. Sein Highschool-Rekord über die 220 Yards Hürden konnte 40 Jahre lang nicht gebrochen werden.

Aber es war nicht so außergewöhnlich, an einer vergleichsweise kleinen Highschool der Star zu sein. Morris schaffte es aber, sich auch am College, das er seit 1930 besuchte, als Athlet hervorzutun. Harry Hughes, der Football-Trainer am Landwirtschafts-College von Colorado erklärte, er habe sofort gewusst, dass Morris ein Juwel sei. Er sei schnell, hitzköpfig und ehrgeizig gewesen und habe über eine enorm gute Körperkoordination verfügt. Auch im College machte sich Morris als Allroundtalent einen Namen. Er spielte Football, Basketball und war auch in der Leichathletik äußerst erfolgreich.

1934 trat Morris bei den Ostamerikanischen College Leichtathletikmeisterschaften an und sorgte dafür, dass man ihn von nun an auch außerhalb der Staatsgrenzen Colorados kannte. Im Hürdenlauf gewann er die Vorläufe und das Finale, er war im Hochsprung siegreich, schaffte es im Wurf und im Diskuswurf aufs Treppchen und bestritt auch noch die Staffel. Was die begeisterten Zuschauer nicht ahnten, war, dass Morris zu diesem Zeitpunkt schon äußerst diszipliniert auf ein ehrgeiziges Ziel hinarbeitete.

1932 hatte Morris die Chance bekommen, den Olympischen Spielen in Los Angeles als Zuschauer beizuwohnen. Er war beeindruckt, vor allem von einer ihm vollkommen neuen Sportart, dem Zehnkampf. Den Sieg des Amerikaners Jim Bausch verfolgte Morris gespannt. Er erkannte, dass es im Zehnkampf nicht darum ging, in einer Spezialdisziplin besonders gut zu sein, sondern dass hierbei vielseitiges sportliches Können gefragt war. Jim Bausch stellte bei seinem Goldmedaillengewinn in L.A. einen neuen Weltrekord auf, Glenn Morris eine mutige These: "Ich kann all die Sportarten, die Bausch macht auch, manches kann ich vielleicht sogar ein bisschen besser. Ich sollte mich als Zehnkämpfer versuchen." Auch wenn diese Aussage nach sehr viel Selbstbewusstsein klingt, war Morris keineswegs unrealistisch. Er wusste, dass seine Leistungen zwar sehr gut, aber nicht Weltklasse waren. Er konnte kaum damit rechnen, nach dem College eine sportliche Karriere beginnen zu können. Nach seinem Studienabschluss 1934 entschied sich Morris daher, als Assistent des Football-Trainers seines Colleges zu arbeiten. So blieb ihm genügend Zeit zu trainieren. Um finanziell über die Runden zu kommen, arbeitete er zeitweise auch noch als Autoverkäufer.

Und Morris schenkte sich nichts. Bei Wind und Wetter, Winter wie Sommer, an Feiertagen und sogar wenn er müde oder krank war, konnte man Morris im Stadion oder im Kraftraum finden. Er verfeinerte seine Technik in jeder einzelnen Sportart und er wiederholte auch die langweiligsten Übungen immer wieder. Hughes, sein alter Football-Coach, dem er nun zuarbeitete, war sein Motivator und Ratgeber. Er wies Morris auf Schwächen hin und ermutigte ihn, wenn es mal nicht so lief. Aber es war Morris' unglaublicher Wille, der dafür sorgte, dass er seine Leistungen stets weiter verbessern konnte, er allein ertrug die enervierenden Phasen und die Schmerzen, die dieser Weg bereitete. 1936 stellten sich die ersten Erfolge ein. In Kansas bestritt Morris seinen ersten Zehnkampf und er schaffte es auf Anhieb, Bausch' Rekord einzustellen. Die Sportwelt war überrascht. Ein Sportexperte erklärte im Nachhinein, Morris sei auf alle Fälle ein talentierter Athlet gewesen, was ihn aber ausgezeichnet und von den anderen unterschieden hätte, sei sein gezieltes Zehnkampf-Training gewesen. Er sei auf diese Art von Wettkamp besser vorbereitet gewesen als seine Konkurrenten.

Zwei Monate nachdem Morris seinen ersten Zehnkampf bestritten hatte, standen die amerikanischen Ausscheidungskämpfe für die Olympischen Spiele an - und Morris wollte ein Ticket nach Berlin. Morris musste sich aber zunächst einem harten Konkurrenten stellen. Robert Clark vom San Francisco Athletic Club machte Morris bis zum letzten Wettkampf das Leben schwer. Am Ende setzte sich Morris mit neuem amerikanischem Rekord durch. Er erreichte 7.880 Punkte. Amerika hatte einen neuen Helden, Newsweek nannte ihn den neuen „Eisernen Mann der Nation". Morris durfte nach Berlin zu den Olympischen Spielen reisen, aber trotz seiner herausragenden Leistung galt er dort nicht als Medaillenfavorit. Der deutsche Hans Sievert wurde als aussichtsreichster Medaillenkandidat gehandelt. Morris freute sich auf das bevorstehende Duell.

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