Weihnachten rückt ja immer näher und auch bei den großen Namen wollen wir das berücksichtigen. Daher stellen wir Ihnen in unserer heutigen Sendung einen Athleten vor, der aus dem Land stammt, aus dem auch der Weihnachtsmann kommt, aus Finnland nämlich.
Finnland, dieses raue kleine Land im Norden Europas, hat nicht nur im Wintersport beeindruckende Athleten hervorgebracht. Das Land, das nur etwa 5,3 Millionen Einwohner hat, also nicht mal so viele wie London, ist nämlich auch eine Leichtathletik-Großnation. Ausgerechnet in der Leichathletik, in der Sportart, in der weltweit die größte Konkurrenz herrscht, konnte und kann sich Finnland immer wieder hervor tun. Finnland hat nach den USA weltweit die meisten Goldmedaillen in der Leichtathletik gewonnen. Und die Liste der großen Athleten ist lang. Angefangen bei Verner Jarvinen, den sie in Finnland Vater Jarvinen nennen, über dessen erfolgreiche Söhne bis hin zu Hannes Kolehmainen, der bei den Spielen 1912 in Stockholm die beiden neuen Disziplinen, den 5.000-Meter-Lauf und den 10.000-Meter-Lauf gewann. Und natürlich der große Paavo Nurmi, dessen Idol im Übrigen Kolehmainen war. Die Liste lässt sich bis heute verlängern. Englands erfolgreicher Mittestreckenläufer Sebastian Coe sagte einmal, viele westliche Staaten hätten eine ausgeprägte Tradition in der Leichtathletik. Was die Finnen aber auszeichne, sei ihr unnachahmlicher Siegeswille. Es sei diese Mischung aus Stolz, Sturheit und Mut. Für einen Finnen gibt es nichts als den Sieg, ein Kompromiss mit sich selbst scheint undenkbar und so werde ein Finne zu einem Gegner mit der Kraft von zwei Gegnern. Das gilt ganz sicher auch für Ville Ritola, den wir heute zu seiner Ehre kommen lassen wollen. Denn Ritola ist in gewisser Weise ein tragischer Held. Er wird oft als der vergessene Champion bezeichnet, denn wäre er ein paar Jahre früher oder später gelaufen, wäre er heute sicher sehr viel bekannter. Aber er lief eben in der Ära Paavo Nurmis und dessen Ruhm und Erfolg haben Ritola in den Schatten gestellt. Dabei war Ritola der, der Nurmi überhaupt gefährlich werden konnte und es hin und wieder auch wurde. Ville Ritola, der eigentlich Vilho Eino Ritola hieß, wurde am 18. Januar 1896 in Peräseinäjoki in einer Großfamilie geboren. 1913 emigrierte der Wolf von Peräseinäjoki, wie man ihn nannte, in die USA. Seine sieben Schwestern waren schon vor ihm in die USA gezogen. In den USA trat Ritola dem Finnisch-Amerikanischen Leichtathletikclub bei und hier traf er auf Hannes Kolehmainen, Paavo Nurmis Idol. Kolehmainen erkannte Ritolas Talent und trainierte mit ihm. Kolehmainen versuchte, Ritola zu überreden, bei den Spielen 1920 in Antwerpen anzutreten, aber Ritola lehnte ab und setzte sich durch. Er fühlte sich noch nicht reif für die Spiele. Vier Jahre später war er dann aber bereit, sich den Duellen auf der Weltbühne zu stellen. Sein Debüt bei den Olympischen Spielen gab er damit bei den Spielen 1924 in Paris, ausgerechnet diese Spiele waren Nurmis stärkste Spiele. Denn wie man es auch dreht und wendet, Ritolas sportliche Karriere kann man nicht beschreiben, ohne immer wieder auf Nurmi zu stoßen. In Paris lieferten sich die fliegenden Finnen, wie man die großen finnischen Läufer dieser Zeit nannte, spannende Duelle, meist war die restliche Konkurrenz weit abgeschlagen. Ritolas erste Disziplin war der 10.000 Meter-Lauf. Hier traf er noch nicht auf Nurmi, den der finnische Verband gar nicht erst für diesen Lauf gemeldet hatte. Ritola sicherte sich sogleich seine erste Goldmedaille, dabei unterbot er seinen eigenen Weltrekord um zwölf Sekunden. Aber das war erst der Anfang. Drei Tage später trat Ritola auch beim 3.000-Meter-Hindernislauf an, hier gewann er mit einem Vorsprung von 75 Metern. Am Tag darauf machte Ritola nicht etwa eine Pause, nein, im 5.000 Meter-Rennen stellte er sich seinem Landsmann. Paavo Nurmi hatte weniger als zwei Stunden zuvor Gold über die 1.500 Meter gewonnen. Auch Edvin Wide, ein Schwede, der in Finnland aufgewachsen war, wollte sich eine Medaille sichern. Er ging daher mit einem hohen Anfangstempo ins Rennen, Ritola hatte keine Schwierigkeiten, ihm zu Folgen. Etwas weiter hinten im Feld lief Nurmi. Nach 2.000 Metern musste Wide das Tempo verlangsamen und nach der Hälfte der Laufdistanz hatte sich Nurmi an die Spitze gesetzt, dicht gefolgt von Ritola. In der letzten Runde kam Ritola noch mal ganz nah an Nurmi heran, aber Nurmi verschärfte das Tempo ein wenig und konnte so einen Meter vor Ritola durchs Ziel gehen. Ritola holte Silber, seine dritte Medaille bei diesen Spielen. Am Freitag, einen Tag nach diesem packenden Duell, stand die Qualifikation für den Mannschaftsbewerb über die 3.000 Meter an. Sechs Teilnehmer starteten pro Nation ins Rennen, die Ergebnisse der besten drei wurden in Punkte umgewandelt und addiert. Wie nicht anders zu erwarteten, hatten Großbritannien, Italien, Polen und Norwegen der Leistungsfähigkeit der finnischen Stars Nurmi und Ritola nichts entgegen zu setzen. Die beiden konnte es sich leisten, auf den dritten Finnen Sameli Tala zu warten und schließlich gemeinsam über die Ziellinie zu gehen.