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Ryoko Tamura (1)
   2007-12-03 17:00:13    Seite Drucken    cri

Sport wird auf den verschiedensten Untergründen ausgetragen, in der vergangenen Woche haben wir uns auf der Planche mit den Nadis bewegt, diesmal wird es etwas exotischer, wir begeben uns auf die Tatami-Matte, zum Judo. Den meisten ist diese Sportart vermutlich noch weniger vertraut sein als das Fechten, daher wollen wir auch in dieser Woche zunächst die Sportart an sich ein wenig vorstellen.

Judo ist eine traditionelle japanische Kampfsportart, deren Prinzip "Siegen durch Nachgeben" beziehungsweise "maximale Wirkung bei einem Minimum an Aufwand" ist. Die auf dieser Idee fußenden Judo-Formen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts für den Wettkampf angepasst. Viele, ursprünglich noch zahlreich enthaltene, Waffen-, Tritt- und Schlagtechniken wurden in dieser Reform gestrichen. Dadurch wurde aus einer zunächst rein auf die Selbstverteidigung ausgerichteten Sportart eine ganzheitliche Lehre für Körper und Geist. Heute werden bei Judo hauptsächlich die folgenden Techniken eingesetzt: Würfe, Halte- und Würgetechniken sowie Armhebel. Judo erhebt den Anspruch mehr als nur ein Sport zur Leibesertüchtigung zu sein. Judo soll aufgrund seiner dahinter stehenden Philosophie der Persönlichkeitsentwicklung dienen. Zum einen soll demnach das gegenseitige Helfen und Verstehen zum beiderseitigen Fortschritt und Wohlergehen beitragen. Zum anderen will man beim Judo den bestmöglichen Einsatz von Körper und Geist erreichen. Diese Ideen sollen im Kampf auf die Judomatte, die so genannte Tatami-Matte, getragen werden. In jeder Bewegung sollen sie ganz bewusst zum Ausdruck gebracht werden. Ein Judo-Meister hört demnach nie auf zu trainieren, er kann auch dann geistig weiterarbeiten, wenn er die Tatmi-Matte längst verlassen hat.

Judo wird als Zweikampf ausgetragen. Die Kämpfer versuchen den Gegner durch die Anwendung einer Technik mit Schnelligkeit und Kraft auf den Rücken zu werfen. Gelingt dies einem der Gegner, hat er gewonnen. Allerdings muss der Werfende den Geworfenen wirklich kontrollieren und er darf keinen Regelverstoß begangen haben. Da es meist nicht gelingt, den Gegner mit einem Wurf zu besiegen, wird auch bewertet, wie der Gegner auf den Rücken gefallen ist, hierfür werden Punkte vergeben, ähnlich wie beim Boxen und Ringen. Das bedeutet, dass auch ein Judokampf nach dem Ende der fünfminütigen Kampfzeit nach Punkten oder durch die Kampfrichter entschieden werden kann. Allerdings wird beim Judo nicht nur im Stand gekämpft, es gibt auch zahlreiche Bodentechniken. Kann ein Gegner den anderen länger als 25 Sekunden auf dem Boden fixieren, hat er gewonnen. Auch hier werden je nach Haltezeit Wertungen vergeben, der Gegner hat selbstverständlich die Möglichkeit, sich aus den Haltegriffen zu befreien. Durch den Einsatz eines Armhebels oder eines Würgegriffs kann man den Gegner auch zur Aufgabe zwingen. Sobald einer der Kämpfer wieder steht, muss der Kampf unterbrochen werden. Dann beginnt der Kampf wieder im Stehen.

Bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 wurde Judo eine olympische Disziplin. Heute wird Judo in über 150 Ländern ausgeübt und ist damit die meist verbreitete Kampfsportart der Welt. Und keineswegs kommen alle Judo-Olympiasieger aus Japan.

Eine der erfolgreichsten Judoka bei den olympischen Spielen stammt dann aber doch aus dem Mutterland der Sportart, die Rede ist von Ryoko Tamura. Und auf den ersten Blick traut man ihr gar nicht zu, dass sie ihre Gegner so mühelos und schwungvoll auf die Matte wirft. Mit nur 1,46 Meter Körpergröße und einem Gewicht von 48 Kilogramm wirkt Ryoko einfach nicht wie ein gefährlicher Kampfsportler, sie ist es aber.

Und das war sie auch schon in jungen Jahren, frei nach dem Motto, früh übt sich, wer ein Großer werden will. Allerdings ahnte 1983, als bei einem internationalen Judo Turnier für Frauen im japanischen Fukuoka ein achtjähriges Mädchen im Rahmenprogramm Fallübungen und Würfe vormachte, wohl keiner, dass hier Japans größte Judoka auf der Matte stand. Ein paar Jahre später verblüffte sie dann die internationale Judoszene. Bei ihrer ersten Teilnahme an dem hochkarätig besetzten internationalen Turnier in ihrer Heimat Präfektur Fukuoka gewann Ryoko im Alter von zarten 15 Jahren. Sie war die jüngste Turniersiegerin aller Zeiten. In Japan löste ihr Sieg eine Welle der Begeisterung aus. Die zierliche Ryoko, die ihre Gegner auch dann geschickt auf die Matte brachte, wenn sie größer und kräftiger waren als sie, erinnerte die Japaner an eine beliebte Comic-Heroin mit dem Namen Yawara-chan. Als Ryoko bei den Judo-Weltmeisterschaften 1991 in Barcelona sich schließlich im Finale nur der Britin Karen Briggs geschlagen geben musste, war Japan im Ryoko-Fieber und ihr Spitzname stand fest. Yawara-chan. 1992 durfte Ryoko erstmals ihr Land bei den Olympischen Spielen in Barcelona vertreten. Wieder traf Ryoko, die in der Gewichtsklasse Superleichtgewicht kämpft, auf Karen Briggs, diesmal im Halbfinale des olympischen Turniers. Diesmal sollte Barcelona für Ryoko ein besseres Pflaster sein, zur Verblüffung der Experten besiegte sie die erfahrene Kämpferin Briggs. Im Finale traf die junge Japanerin dann aber doch auf ihre Meisterin. Gegen die Französin Cécile Nowak konnte sich Ryoko nicht durchsetzen. Der Kampf gegen die damals amtierende Weltmeisterin Nowak beeindruckte die Experten aber sehr, sie waren überzeugt, dass die Zukunft Ryoko gehören würde. Die 16-jährige konnte allerdings erstmal hochzufrieden mit einer Silbermedaille von ihrem ersten Auftritt bei Olympischen Spielen zurückkehren - und konsequent weiter trainieren, denn für einen Judoka ist das Training ja nie beendet.

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