Aber bei den Olympischen Spielen können sich nicht nur Sportler auf ewig ins Gedächtnis der Menschheit eingraben. Auch um eine Disziplin ranken sich Legenden, um die Königsdisziplin im Laufen, den Marathon.
Nach dem Sieg der Griechen über ein übermächtiges Perserheer in der Schlacht bei Marathon 490 vor Christus soll ein Bote ins etwa 40 Kilometer entfernte Athen gelaufen sein, um die frohe Botschaft zu verkünden. Nach seiner Ankunft bracht der völlig erschöpfte Läufer zusammen und starb. Allerdings findet sich dieser erste Marathonlauf der Geschichte nicht in den historischen Quellen dieser Zeit, erst 500 Jahre später berichtet Plutarch von der tragischen Figur des Marathonläufers. Herodot, ein Zeitzeuge der Perserkriege, zugleich der Vater der Geschichtsschreibung berichtet allerdings, dass ein Bote mit dem Namen Pheidippides von Marathon aus nach Sparta geschickt worden sei, um Sparta wenige Stunden vor der Schlacht gegen die Perser um Unterstützung zu bitten. Hätte sich Baron Pierre de Coubertin bei der Einführung des Marathons bei den Spielen der Neuzeit an dieser historischen Quelle orientiert, hieße der Marathon heute vielleicht Spartathon und ginge über 250 Kilometer. Bei den antiken Olympischen Spielen wurde der Marathon jedenfalls nie ausgetragen. Erst 1896 wurde der Lauf der Leiden Teil des olympischen Programms, Coubertin wollte durch diese Verknüpfung mit der griechischen Geschichte zeigen, dass die modernen Spiele in der Tradition der antiken Spiele standen. Der Sieg eines Griechen im allerersten Marathon passte perfekt zu diesem Konzept. Am 10. April 1896 lief der ehemalige Ziegenhirte Spiridon Louis in einer Zeit von 2:58:50 als erster über die Ziellinie im Panathinakon-Stadion zu Athen. Er hatte sich in einem Feld aus 21 Griechen und vier Ausländern durchgesetzt. Zu dieser Zeit arbeitet er als Wasserträger in Athen, als Siegesprämie wünschte er sich einen Karren und ein Pferd. Als man ihm nach seinem erschöpfenden Lauf die Beine massieren wollte, lehnte er dies entschieden ab. Moderne Sportmassage kannte Spiridon Louis nicht. Dennoch wurde der bescheidene Grieche, der nie wieder eine Olympische Medaille gewinnen konnte, ein Held. Nach seinem Tod bekam er ein Ehrengrab, das neu errichtete Olympiastadion in Athen trägt seinen Namen. Bei den 28. Olympischen Spielen in Athen im Jahr 2004 legten die Marathonläufer wieder jene legendäre Strecke zwischen Marathon und Athen zurück. Der Zieleinlauf war wie 1896 wieder im Panathinakon-Stadion. Und auch Spiridon Louis war wieder dabei. Denn der Enkel des ersten Marathon-Sieger, der seinen Namen trägt, wohnte dem Zieleinlauf der Nachfolger seines Großvaters bei.
Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass die Marathonstrecke 1896 noch exakt 40 Kilometer betrug. Auf die heute üblichen 42,195 Kilometer einigte man sich erst zu den Olympischen Spielen 1924 in Paris. Die Distanz war auf Wunsch der britischen Königin Alexandra bei den Olympischen Spielen 1908 in London erstmals gelaufen worden. Damit die königlichen Kinder den Start des Marathons miterleben konnten, ließ die Königin den Lauf im Windsor Park beginnen, bis ins White City Stadion waren es 26 Meilen und 285 Yards, das entspricht der heutigen Distanz.
In der Anfangszeit des Marathons machte allerdings nicht die Distanzerhöhung sondern eine Regel den Lauf so mörderisch. Denn bei den ersten Marathonläufen war die Getränkeaufnahme noch streng verboten. Die Athleten drohten auszutrocknen. Bei den Spielen in London 1908 forderte diese Regel ihren Tribut. Der Sieger, ein Italiener, hatte für die letzte 355 Meter lange Runde unglaubliche 9:46 Minuten gebraucht, weil er fünfmal gestützt war. Am Ende mussten ihn Helfer bis zur Ziellinie stützen. Das kostete ihn den Sieg. 1912 starb ein Marathonläufer an einem Hitzschlag.
Diese so unglaublich harte Disziplin blieb Frauen daher lange verschlossen. Erst 1984 bei den Spielen in Los Angeles durften endlich auch Frauen im Lauf der Leiden an den Start gehen. Mit einer Zeit von 2:24:52 Minuten siegte die Amerikanerin Jaon Benoit. Sie ist damit das weibliche Pendant zu Spiridon Louis, allerdings ist nach ihr noch kein Olympia-Stadion dieser Welt benannt worden. Ein weiteres Highlight des Olympischen Marathons war der Sieg des Äthiopiers Abebe Bikila in Rom 1960. Er bestritt die 42,195 Kilometer barfuss und stellte sogar noch einen neuen Weltrekord auf.