Der chinesische Markt wächst weiterhin stetig. Dieses Wirtschaftswachstum zieht viele Investoren an. Mittlerweile sind für potentielle Investoren aber nicht mehr nur der Süden und der Osten des Landes interessant, auch die Qualitäten von Chinas Norden werden nun stärker beachtet. Das Marktpotential Nordchinas ist auch für deutsche Unternehmen interessant, hier bietet sich eine Vielzahl von wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Nordchina hat in den vergangenen Jahren ein rasantes Wirtschaftswachstum vorgelegt. Dennoch findet sich hier nach wie vor deutlich weniger deutsche Industrie als in der Region um Shanghai. Dabei weist Nordchina gegenüber den anderen Standorten in China enorme Vorteile auf. Vor allem ausländische Investoren können davon profitieren. In Nordchina ist die allgemeine Kostenstruktur noch deutlich günstiger, Löhne und Gehälter sind niedriger als im Jangtse-Delta und viele nordchinesische Industriezonen werben mit etlichen zusätzlichen Erleichterungen um Unternehmen. Außerdem will die chinesische Regierung die Wirtschaftsentwicklung in Nordchina nun noch stärker fördern. Gerade die Region um die Bohai- Bucht bietet ideale logistische Voraussetzungen für die industrielle Produktion sowie für den Handel. Die staatlichen Planungen sehen vor, diese Chancen in Zukunft besser zu nutzen.
Die Deutsche Handelskammer in China versucht daher, den Standort Nordchina für deutsche Unternehmen transparenter zu machen. Zu verschiedenen Provinzen, Städten und ausgewählten Wirtschaftszonen hat die Handelskammer Daten und Fakten zusammengetragen, um den deutschen Unternehmen einen Überblick über Nordchina zu geben. Dazu Jutta Ludwig, geschäftsführende Direktorin der Deutschen Handelskammer in China:
"Wir sehen vier wichtige Bereiche, die sich in Nordchina entwickeln, die für deutsche Unternehmen besonders interessant sind. Das ist zum einen der Aufbau der Infrastruktur, dann die Automobilindustrie, die Forschung und Entwicklung und der Energiesektor. Die Regionen um Changchun, wo sich die deutsche Automobilindustrie schon sehr früh angesiedelt hatte, oder um Shenyang, wo auch viel Automobilindustrie zu Hause ist, sind für deutsche Firmen mit Sicherheit interessant. Aber auch die Regionen in der Nähe der großen Häfen sind ein guter Standort, vor allem im Logistikbereich gibt es hier eine schnelle Entwicklung. Viele Unternehmen aus Deutschland haben ihre Produktion bereits hierhin verlagert, da dies die Logistik enorm vereinfacht."
Die gut erschlossene Bohai-Bucht ist gerade in logistischer Hinsicht ein idealer Standort. Denn die Anrainer-Provinzen beziehungsweise -Städte der Bucht, Hebei, Liaoning, Shandong und Tianjin haben alle große Häfen. Tianjin ist landesweit und natürlich auch in Nordchina eines der dynamischsten Wirtschaftszentren. In den vergangenen fünf Jahren wies Tianjin das zweithöchste Wachstum des pro Kopf Bruttoinlandsproduktes auf. Nach Beijing hat die regierungsunmittelbare Stadt das zweithöchste Pro-Kopf-Einkommen, damit liegt Tianjin mit deutlichem Abstand vor den anderen nordchinesischen Regionen:
"Schließlich ist Tianjin eine Stadt, die quasi mit Peking zusammenwächst. Durch die neuen Hochgeschwindigkeitszüge kann man in einer halbe Stunde von Peking nach Tianjin gelangen. Die Region Peking-Tianjing wird gerade aufgrund ihres Küstengebiets viele Investitionen anlocken. Es gibt auch intensive Bemühungen, für bestimmte Bereiche eine Sonderzone zu entwickeln. In der Region leben etwa 35 Prozent der gesamten chinesischen Bevölkerung, fast 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Chinas werden hier erwirtschaftet, etwa 55 Prozent aller ausländischen Investitionen fließen inzwischen in dieses Gebiet. In den vergangenen Jahren beobachten wir eine kontinuierliche Entwicklung dieser Region. Das ist natürlich vor allem möglich, weil hier so viele Menschen leben, und die Industrie in diesem Gebiet zunehmend aktiv wird. Hier entsteht eine solide Industriestruktur. Das hat dazu geführt, dass auch deutsche Unternehmen sich gerade an diesem Standort in Nordchina verstärkt ansiedeln, auch das ermöglicht viele hervorragende Entwicklungen. Betrachten wir einmal die Infrastruktur, dann sehen wir hier noch viele Möglichkeiten für die deutsche Industrie, in den Bereichen Eisenbahn- und Straßenbau sowie beim Bau von See- und Flughafen können sich viele Unternehmen engagieren."
Aber auch in der chinesischen Hauptstadt sieht die deutsche Industrie im Verkehrssektor gute Chancen. Die zahlreichen Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur stellen für deutsche Unternehmen ein großes Potential dar. Viele der Projekte sollen noch vor dem Beginn der Olympischen Spiele 2008 realisiert werden. Bis 2008 soll beispielsweise das Streckennetz der S- und U-Bahnen von 114 Kilometern auf 300 Kilometer ausgebaut werden. 87 Kilometer sind bereits im Bau. Das Autobahnnetz, das derzeit 500 Kilometer umfasst, soll in den nächsten Jahren um 300-400 Kilometer erweitert werden. Die Einführung eines intelligenten Verkehrsmanagementsystems ist nur ein Beispiel für ein deutsches Engagement in diesem Bereich. Ein Konsortium aus der Fraunhofer Gesellschaft, der Hamburg Consult und Siemens entwickelt im Rahmen des Projektes "TRANSIT" ein informationsgestütztes Verkehrsmanagementsystem.
Für deutsche Investoren ist Beijing nach Auffassung von Jutta Ludwig aufgrund der renommierten Universitäten vor allem im Bereich von hoch entwickelten Industrieprodukten ein interessanter Beschaffungsmarkt geworden:
"Peking muss aufgrund der bevorstehenden Olympischen Spiele im Jahr 2008 viele Herausforderungen bewältigen. Auch dadurch ergeben sich viele Bereiche, von der IT bis hin zur Dienstleistung, die für deutsche Unternehmen interessant sind. Vor allem, da die Dienstleistungsbranche gerade in Nordchina sehr ausgeprägt ist. Zudem ist Nordchina, insbesondere Peking, auch im Bereich von Forschung und Entwicklung führend. Der Dienstleistungs- und Ausbildungssektor ist hier besonders stark. Im vergangenen Jahr wurden 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Bereich in Peking erwirtschaftet. Dies entsprach einer Wachstumsrate von 16 Prozent. Aus ausgegliederten Forschungseinrichtungen von Universitäten ist in Peking die landesweit führende Hightechzone Zhongguancun entstanden. 35 staatliche Laboratorien für Schlüsseltechnologien sind in Zhonggauncun angesiedelt."
Wenn man in China von Revitalisierung spricht, dann meint man die Reform und Wiederbelebung der traditionellen Industriebranchen in Nordostchina. Diese Wiederbelebung des Nordostens wird durch eine Reihe positiver Standortfaktoren begünstigt. So verfügt die Region über wichtige Ressourcen und es besteht eine industrielle Infrastruktur. Die Ölfelder von Daqing in der Provinz Helongjiang liefern beispielsweise den Löwenanteil des chinesischen Erdöls. Auch diese regionalen Stärken hat die Deutsche Handelskammer in China analysiert:
"Gerade im Nordosten Chinas gibt es viele Rohstoffe. Die Energieversorgung der Region ist daher relativ gut. Zwei Drittel aller chinesischen Rohstoffe stammen aus dem Norden. China hat sich inzwischen zu einem Entwicklungszentrum für neue Produkte für die Automobilindustrie gemausert. Und gerade die im Norden angesiedelten deutschen Unternehmen benötigen derartige Produkte."