Im kirgisischen Autonomen Bezirk Kizilsu in Xinjiang lebt die chinesische Kirgisen-Nationalität. Dieses Nomadenvolk hat in den vergangenen Jahrtausenden unzählige eigene Volkslieder geschaffen und entwickelt. Aber mit der Zeit stehen viele der schönen Volkslieder vor dem Vergessen.
Der 73-jährige Duan Qiang ist ein bekannter Künstler in China. Er sammelt und erforscht die kirgisischen Volkslieder. Im Jahr 1949 ging er als Soldat nach Xinjiang und wurde ein Jahr später von der Zentralen Musikhochschule aufgenommen. Nach seinem Studium arbeitete Duan Qiang in Kashgar, einer Stadt im Süden Xinjiangs, und sammelte dort musikalische Elemente der nationalen Minderheiten. Duan Qiang sagt:
"Im Jahr 1950 begann ich, die Musik der Minoritäten in Xinjiang zu sammeln. Ich setzte mich mit ganzer Kraft für diese Musik ein. Die weit verbreiteten Volkslieder zu retten, ist mein Hauptziel."
Weil er die Sprache der Minoritäten nicht sprechen konnte, verstand Duan Qiang zu Beginn seiner Volkslieder-Sammlung die Lieder der Minoritäten gar nicht. Aber er lernte fleißig die Sprachen der Minoritäten. Immer besser verstand er einige Sprachen der Minoritäten und deren Lieder. Seine Liebe zu den Volksliedern von Xinjiang wurde mit den Jahren immer tiefer.
"Später brauchte ich bei der Volkslieder-Sammlung keinen Dolmetscher mehr. Was die Lieder sagten, konnte ich leicht verstehen. Die Liederbücher, die ich veröffentlichte, wurden von mir selbst übersetzt. Ich kann sogar auf Uigurisch Liedtexte schreiben. Außerdem übersetze ich manchmal auch chinesische Texte ins Uigurische oder Arabische."
Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts regte ein Erlebnis Duan Qiang an. Damals wollte der Xinjianger Fernsehsender einen Dokumentarfilm drehen, der die Sitten und Gebräuche der Kirgisen darstellt. Im Film gab es Lieder, die die Kirgisen bei verschiedenen Zeremonien singen. Aber keiner der eingeladenen Kirgisen konnte die Volkslieder vollständig und richtig singen. Zum Glück fand der Fernsehsender Duan Qiang. Natürlich wurde das Problem mit Hilfe von Duan Qiang gelöst. Aber Duan Qiang war sehr traurig, dass die kirgisischen Volkslieder vor dem Aussterben standen. Er wollte etwas dagegen tun und die kirgisischen Volkslieder retten. Deshalb ging Duan Qiang zur kältesten Zeit im Winter in die Wohngebiete der Kirgisen. Er sagt:
"Ich ging auf das Pamir-Plateau und sammelte dort alle kirgisischen Volkslieder, die ich finden konnte. Das war im April. Und ich kehrte erst im November zurück."
Obwohl das Sammeln der Volkslieder sehr anstrengend und schwierig war, findet Duan Qiang, dass diese Zeit die glücklichste Zeit war, die er je erlebte. Er befand sich damals völlig im Einklang mit den Kirgisen und ihrer Musik. Wenn er ihnen sein Anliegen vortrug, luden die Kirgisen Duan Qiang herzlich zu sich nach Hause ein. Die Gastgeber sangen meist einige Lieder, um ihn zu begrüßen und ihre Freude über den Besuch auszudrücken. Jedes Mal war Duan Qiang in diesen Momenten sehr bewegt. Er schrieb alle Texte auf und nahm die Lieder auf. Solange die Lieder nicht fertig gesungen waren, ging er nicht weg.
In jenen Jahren sah man in Gebirgen, Dörfern und Weidegebieten in Xinjiang oft einen von der Reise erschöpften Alten, der allein mit seinem Aufnahme-Gerät von einigen Kilogramm Gewicht durch die Gegend streifte, um seinen Traum zu verwirklichen. Ja, der Alte ist Duan Qiang. Von einer Familie zur einer anderen reiste Duan Qiang. Besuchte die Einheimischen und sammelte kirgisische Volkslieder. Seine Fußspuren hat er in fast ganz Xinjiang hinterlassen.
Vor zwei Jahren schenkte der damals 70-jährige Duan Qiang der Regierung des Autonomen Bezirks Kizilsu mehr als 700 originale kirgisische Volkslieder, die vor dem Aussterben standen und die er in den letzten Jahren gesammelt und bearbeitet hat. Diese Lieder werden als wertvolles kulturelles Vermögen der Kirgisen von der lokalen Regierung aufbewahrt.
Auf der Basis der Sammlungen der Volkslieder in Xinjiang, insbesondere der kirgisischen Volkslieder, hat Duan Qiang eigene Musiktheorien entwickelt. In den letzten Jahren hat er zwei Bücher über Musik in Xinjiang veröffentlicht. Seine Theorien über Kategorien der Volkslieder und über Musik-Geographie werden von in- und ausländischen Experten hoch geschätzt. Wörtlich sagt Duan Qiang:
"Ein Drittel meines ganzen Lebens ging ich zur Schule und habe gelernt. Im nächsten Drittel musste ich arbeiten, um Geld zu verdienen. Im gegenwärtigen Drittel beschäftige ich mit den Volksliedern der Minoritäten in Xinjiang. Ich finde, dass sich mein Leben gelohnt hat. Ich habe mein eigenes musikalisches Theorie-System entwickelt und die Eliten verschiedener Nationalitäten Xinjiangs kennengelernt. Wenn ich noch Zeit habe, möchte ich noch fünf Bücher in diesem Bereich veröffentlichen."
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