An einem sonnigen Nachmittag in Beijing versammeln sich ehemalige Klassenkameraden nach 30 Jahren wieder in ihrer Mittelschule. Alle haben Blumensträuße für ihre jetzt schon weißhaarigen Lehrerin mitgebracht, und einige werden von ihren Kindern begleitet. Sie haben verschiedene Berufe: der eine ist Architekt, der andere fährt ein Fahrradtaxi. Und dieser Mitschüler kommt wie damals auch jetzt ein Bisschen zu spät, als sich alle schon für ein Foto im Hof aufgestellt haben. Er hat auch ein Foto mitgebracht, oder nur die Hälfte eines Fotos, die andere Hälfte hat seine erste Liebe, die er nach 30 Jahren wiedersieht... "Schnitt!" Der italienische Regisseur Giuseppe Tornatore hat gerade seinen Beitrag zu "Vision Beijing" fertiggedreht. Allein für diese Szene brauchte das Team zwölf Stunden, von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends. Tornatores Film ist jedoch nur fünf Minuten lang, ebenso wie die anderen fünf Beiträge für dieses internationale Kaleidoskop der Stadt im Vorfeld der olympischen Spiele 2008. Von den fünf ausländischen Regisseuren kam Tornatore als erster nach Beijing. Auch Majid Majidis Kurzfilm ist schon fertig. Der Beitrag des Iraners heißt "Frieden-Liebe-Freundschaft" und wurde unter der Mitwirkung von 1000 Kindern aus Beijing gedreht. Oliver Stone und Jane Campion werden ebenfalls ihre Beiträge für "Vision Beijing" im Januar 2007 präsentieren. Der einheimische Regisseur in der Runde ist John Woo. Die Kurzfilme sind miteinander verbunden und sollen zusammen ein Ganzes bilden.
Giuseppe Tornatore drehte hier im Oktober 2006. Die Crew arbeitete in den Gärten des Himmelstempels und des Sommerpalastes, auf einigen Straßen und schließlich bei der "Mittelschule Nr.13". Davor kam Tornatore im August, um sich ein Bild von der Stadt zu machen. Die Szene beim Zhichun-Pavillon am Kunming-See an der Ostseite des Sommerpalastes ist eine Geburtstagsfeier für die Kaiserinwitwe Cixi (1835-1908). Die Crew kam schon um vier Uhr morgens, und auch hier mussten sie lange arbeiten, bis Tornatore zufrieden war.
Wang Luoyong ist in Tornatores Film der Architekt, der bei der Arbeit ein SMS erhält und darauf zu dem Treffen an seiner ehemaligen Schule eilt. Am Broadway in New York wird Wang der "König von Asien" genannt. Er trat sechs Jahre in "Miss Saigon" an 2.478 Abenden auf.
Majid Majidi suchte seine Hauptdarsteller in vielen Schulen der Stadt. Der iranische Regisseur ist ja auch für seine Arbeit mit Kindern berühmt. Majid Majidi war früher schon einmal in Beijing gewesen. Diesmal sei er besonders von der Wärme, der Vitalität und der Begeisterung der Menschen beeindruckt worden, das sei seine größte Inspiration gewesen. Geschichte und Tradition, Gesellschaft und Natur, darum soll es ebenso wie um Frieden, Liebe, und Freundschaft gehen. Es sei eine große Herausforderung gewesen, eine Stadt mit solch einer langen Geschichte in fünf Minuten zu schildern.
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