Ausländische Finanzplätze werben zunehmend mit Erfolg um die Gunst chinesischer Unternehmen. Nachdem die US-Börsen New York Stock Exchange (Nyse) und Nasdaq Eröffnung von Niederlassungen in China angekündigt hatten, breiten deutsche Banken erstmals Börsengänge chinesischer Unternehmen in Frankfurt vor. Die China-Offensive der Deutschen Börse kommt dadurch in Fahrt.
Rainer Riess, Direktor der Deutschen Börse in Frankfurt am Main, zeigt sich darüber zuversichtlich, dass es gelingt, in diesem Jahr ein oder zwei chinesische Börsenkandidaten mit einem Emissionsvolumen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich an die Deutsche Börse zu bringen. Die Debüts würden nicht vor dem zweiten Halbjahr über die Bühne gehen. Dieses Thema stand im Fokus bei einer Veranstaltung des Deutschen Eigenkapitalforums, die vor Kurzem in Frankfurt am Main stattfand. Dazu sagte Dr. Martin Steinbach, Direktor der Emissions-Abteilung der Deutschen Börse AG:
"Das deutsche Eigenkapitalforum hat sich zu Europas größter Plattform zu Eigenkapitalfinanzierung etabliert. Und chinesische Unternehmen, die einen Listing an einem anderen Kapitalmarkt suchen, können hier viele Investoren treffen, Intermedia treffen, auf der Investmentbank-Seite, auf der Wirtschaftsprüfungsseite als auch auf der juristischen Seite. Diese begleiten die Unternehmen bei einem Börsengang an der Deutschen Börse."
Vor diesem Hintergrund haben die China Beijing Equity Exchange (CBEX) und die Deutsche Börse eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, durch die die Deutsche Börse als zentraler Zugang zum europäischen Kapitalmarkt für chinesische Unternehmen positioniert und gefördert werden soll.
"Wir sind stolz, eine Allianz mit der CBEX bekannt geben zu können, die chinesischen Unternehmen den Weg zur Nutzung der Deutschen Börse als Listing Platform ebnen wird", so Rainer Riess, Managing Director der Deutschen Börse AG.
Die beiden Partner werden sich bei ihren verschiedenen Listing-Aktivitäten auf folgende Sektoren konzentrieren: Technologie, Automobile, Chemie, Maschinenbau, Wissenschaft, Telekom, Konsumgütermarken und erneuerbare Energien.
Gerade ging die Roadshow mit Seminaren zur Börsennotierung für chinesische Unternehmen in Beijing, Shanghai und Hongkong zu Ende, die von der CBEX und der Deutschen Börse in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Forschungszentrum für die Entwicklung der unternehmerischen Strategie durchgeführt wurde. Der jüngste große Schritt im Rahmen dieser Kooperation war die Teilnahme chinesischer Unternehmen am Deutschen Eigenkapitalforum.
Als Beispiele weiterer Kooperationen zwischen China und Deutschland in diesem Bereich nannte Dr. Martin Steinbach, Direktor der Emissionsabteilung der Deutschen Börse AG, folgende Beispiele:
"Wir haben neue Partner dazu gewonnen. So haben wir mit der Shenzhen Capital Group einen Vertrag unterschrieben. Wir haben zum Beispiel auch einen Lizenzvertrag mit der Shanghaier Stock Exchange unterschrieben, was ein elektronisches Handelssystem anbelangt. Und viele weitere Kooperationen werden folgen, die dazu führen werden, dass die Börsengänge chinesischer Unternehmen in Frankfurt stattfinden. Ich glaube, für chinesische Unternehmen gibt es schon viele Möglichkeiten, bei uns an die Börse zu gehen. Die Anforderungen dafür sind weltweit absolut identisch. Das Unternehmen soll ein gutes Geschäftsmodell vorweisen und ein gutes Management haben. All dies bringt die Partnerschaft zwischen chinesischen Unternehmen und der Deutschen Börse mit sich."
Die Deutsche Börse engagiert sich stark, um Börsennotierungen chinesischer Unternehmen im Ausland zu fördern. Dieses Angebot gilt als Ergänzung zu einer Börsennotierung in China und damit als einfacher und kosteneffizienter Zugang für chinesische Unternehmen zum europäischen Kapitalmarkt.
Die Bemühungen sollen sich demnächst bezahlt machen. Der chinesische Maschinenbauer Shandong Gongyou könnte im ersten Halbjahr 2007 das erste chinesische Unternehmen sein, das in Frankfurt an die Börse geht. Unternehmen, die an einem Börsengang in Deutschland interessiert sind, kommen aus den Bereichen Autozulieferer, erneuerbare Energien, Informationstechnologie, Elektronik und Medien. Deutschland bietet zusätzlich relativ niedrige Kosten eines Börsengangs und Einnahmen in Euro.
Zu den Vorteilen des Börsenstandortes Deutschland sagt Dr. Martin Steinbach, Direktor der Emissions-Abteilung der Deutschen Börse AG:
"Wir sind Exportweltmeister Nummer eins. Deutschland hat schon sehr lange und auch sehr enge Beziehungen zu China. Und diese Beziehungen werden sich ausweiten auf die Finanzmärkte. Hier bei uns an der Börse bieten wir Liquidität, d h, Zugang zu Investoren weltweit. Wir verfügen über ein Netzwerk von über 6.000 Händlern. Auch elektronischer Handel findet bei uns statt. Wir bieten zudem niedrige Kosten für den Börsengang."
Entscheidend ist, welche Börse rechtzeitig den Markt für sich gewinnen kann. Für die Deutsche Börse AG wäre es ein großer Vorteil, die ersten chinesischen Börsengänge nach Frankfurt zu holen. Das Potenzial darin ist durchaus beachtlich. Für russische Unternehmen ist London als Börsenplatz etabliert. Bei chinesischen Unternehmen ist dies anders. Vor allem Privatunternehmen kommen für ein Debüt in Frankfurt in Frage. Staatskonzerne wählten bis jetzt bei Börsengängen im Ausland meist die USA.
Die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in Sachen Börse ist allerdings auf keinen Fall eine Einbahnstraße. Die Deutsche Börse will durch eine Kooperation mit der Börse in Beijing (CBEX) umgekehrt auf dem boomenden chinesischen Kapitalmarkt Fuß fassen.
Die Frankfurter wollen chinesischen Unternehmen über die neue deutsch-chinesische Börsenbrücke eine Ergänzung zu einer Börsennotierung in China anbieten. Die Initiative sei vor allem für Firmen aus der Automobilwirtschaft, dem Chemie- und Maschinenbausektor sowie anderer für beide Länder wichtige Branchen gedacht. Erst kürzlich hatte die teilweise zu dem Frankfurter Börsenkonzern gehörende weltgrößte Derivatebörse Eurex den Schritt nach Asien gewagt und in Singapur einen Datenknotenpunkt eröffnet. Und an der Börse in Shanghai läuft das Computersystem Xetra der Deutschen Börse.
China gilt in der Börsenlandschaft als ein Schlüsselland, das jedoch nach Einschätzung der Experten in den vergangenen Jahren von den Börsenbetreibern vernachlässigt wurde. So hatte Ende Oktober die Deutsche Börse AG ein Abkommen mit der Shenzhen Capital Group geschlossen, dem größten Wagniskapitalgeber Chinas mit diversen Beteiligungen. Zur Aussicht der künftigen Zusammenarbeit sagte Jin Haitao, Präsident der Shenzhen Capital Co. Ltd.:
"Als erster chinesischer Partner der Deutschen Börse AG sind wir bereit, unseren Markt für alle europäischen Investoren zu öffnen. Wir werden ihnen zu Investitionen und Kooperationen im boomenden chinesischen Markt verhelfen."
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