Siemens sieht seine Geschäftsstrategie in China klar bestätigt, nachdem die chinesische Regierung offiziell erklärt hat, dass TD-SCDMA der nationale Standard für 3G-Netze ist. Siemens Com sieht darin eine gute Entscheidung, die diesjährige Messe Telecom World (ITU) vom schweizerischen Genf nach Hongkong zu verlegen, da der Hauptmarkt in China liegt.
Mit über 360 Millionen Kunden hat China längst die USA als weltgrößten Mobilfunkmarkt abgelöst. Der Anteil von China am Geschäft der Siemens-Mobilsparte liegt bei 20 Prozent. Siemens ist hier mit einem Marktanteil von 13 Prozent nach Nokia und Motorola die Nummer Drei. Dazu sagt Dr. Dina Bertels von Siemens Com in einem Gespräch mit Radio China International:
"Wir haben im Mobilfunk eine ganze Menge von 2G-Geschäften, unserem Hauptgeschäft also. Und im 3G-Geschäft warten wir natürlich im Moment noch auf Lizenzen. Und wir haben ein Joint Venture für TD-SCDMA mit Huawei. Das Joint Venture ist in Peking. Daran haben wir einen Anteil von 51 Prozent."
Bei 3G handelt es sich um den Mobilfunk der dritten Generation. Siemens hat TD-SCDMA von Anfang an mit chinesischen Partnern für den lokalen Markt entwickelt. In verschiedenen Tests hat die Lösung sich bestens behauptet, das Zusammenspiel zwischen dem Netz und verschiedenen Endgeräten funktioniert problemlos. Siemens ist über TD-Tech, ein Joint Venture mit seinem Partner Huawei, ab Mitte 2006 in der Lage, TD-SCDMA-Infrastruktur auszuliefern. Seit 1998 hat Siemens Com mehr als 170 Millionen Euro in die Entwicklung des von der ITU anerkannten Standards TD-SCDMA investiert und konnte zusammen mit dem chinesischen Ministerium für Informationsindustrie bereits zahlreiche Produkte für den Betrieb in TD-SCDMA-Netzen erfolgreich testen. Dazu zählen UMTS-Basisstationen und deren Steuerungshardware sowie Betriebs- und Wartungszentralen in Telekommunikationsnetzen. Hersteller von Endgeräten können seit Mitte 2005 ihre Geräte in einem offenen Labor im Hinblick auf Interoperabilität und neue Applikationen testen. In jüngsten Testläufen konnte das reibungslose Zusammenspiel von TD-SCDMA-Technik mit Handys und Laptops nachgewiesen werden. Mit ihrer Technik erzielten die Joint-Venture-Partner Siemens und Huawei das beste Ergebnis.
Dabei stellt die TD-SCDMA laut Angaben von Dr. Bartels nur einen Teil des Geschäfts der Siemens-Mobilsparte dar. Schließlich ist das Unternehmen bereits seit Jahrzehnten in China präsent:
"Also wir haben eine ziemlich lange Historie. Wir haben beim Festnetz schon eine ganze Menge gemacht. Wir haben auch eine eigene Entwicklungsabteilung in China. Wir haben Fabriken in China. Also wir sind schon seit einer sehr langen Zeit hier in China vertreten."
Allein im GSM-Bereich konnte sich der Münchener Technologiekonzern über Aufträge in Millionenhöhe aus China freuen: Der größte Mobilfunkanbieter der Welt, China Mobile, will sein Netz bis Ende 2006 mit Siemens-GSM-Technik im Wert von 90 Millionen Euro erweitern. Ebenso beabsichtigt China Unicom den Kauf von GSM-Infrastruktur für 50 Millionen Euro.
Ein weiterer großer Teil des China-Geschäfts von Siemens Com bezieht sich auf die Forschung- und Entwicklung mit chinesischen Partnern, vor allem den hiesigen Universitäten. Darin sieht Dr. Bartels große Chancen und Möglichkeiten:
"Wir haben eine Menge gemeinsamer Forschungsprojekte. China ist sehr interessant für uns gerade für die Zukunft. Wir haben gerade im Bereich 3G oder über 3G hinaus mit Universitäten viele gemeinsame Aktionen, um in die Zukunft zu gehen. Es sind gemeinsame Forschungsprojekte, teilweise beauftragt von uns. Wir haben auch eine Entwicklungsabteilung und Entwicklungs-Kooperationen in China. Wir betreiben unsere Forschungsarbeiten im Vorfeld in Richtung Applikationen."
Viele der Technologien für das bevölkerungsreichste Land der Welt haben ihren Ursprung in einem vergleichsweise kleinen Land, was Ausdehnung und Einwohnerzahl betrifft, nämlich in Österreich. Hier hat die Programm- und Systementwicklung PSE der Siemens AG Österreich ihren Hauptsitz. Zusammen mit ihren Töchtern in Osteuropa forschen und entwickeln mehr als 5.000 Ingenieure auf allen erdenklichen Gebieten der ITK-Branche. Allein auf dem Telekommunikations-Sektor sind es 3.000. Unter ihnen sind: eine stattliche Anzahl an chinesischen Fachkräften, die mit dazu beitragen, dass Top-Technologie wieder in ihre eigentliche Heimat zurückfließt:
"Wir haben in Österreich eine spezielle Entwicklung. Also wir haben da Kollegen, die für uns Entwicklungsarbeiten verrichten. Und ähnliche Sachen haben wir auch zum Beispiel in Nanjing, speziell für die Applikation. Und dann geht es eben in Zukunft, wenn man mit der Mobilfunk-Technologie Schritt halten will, in Richtung 4G, Hier arbeiten wir mit chinesischen Universitäten zusammen."
Die Forschung und Entwicklung vor Ort durchzuführen, zeugt von dem Willen des Münchener Technologiekonzerns, auf dem chinesischen Markt zu expandieren. Der Mobilfunk-Markt in China boomt weiter. China Mobile hatte zum Jahresende 247 Millionen Kunden, China Unicom kam Ende April auf knapp 100 Millionen GSM- und 34 Millionen Nutzer von Handys im CDMA-Standard. Damit teilen sich zwei Konzerne den bereits 400 Millionen Nutzer umfassenden Mobilfunkmarkt in China, der zu den am schnellsten wachsenden der Welt zählt. Vielleicht ist dies der Hauptgrund dafür, die diesjährige ITU-Messe von Genf nach Hongkong zu verlegen. Dazu sagt Dr. Bartels von der Siemens Com:
"Erstens mal ich denke, es war eine gute Entscheidung, die Messe hierher zu legen, weil der Hauptmarkt und das Hauptpotential des Mobilfunks oder generell der Telekommunikation sicherlich in Asien liegt, und speziell in China. Deshalb ist es richtig, da auch die Messe zu veranstalten, wo die Zukunft liegt. Und zum anderen erwarte ich mir auch viele Impulse hier in Richtung neuer Technologien, neuer Business-Modelle, neuer Applikationen. Und ich denke, für uns Europäer ist es sehr interessant auch zu sehen, welche Möglichkeiten es hier in Asien gibt. Wir haben die Olympischen Spiele im Jahr 2008, wo sicherlich viele Applikationen hoch kommen werden. Also sehr interessant und sehr aufregend."
Zu den Aussichten des Geschäfts der Siemens Com in China sagt Dr. Bartels:
"Erstens mal vom Potential her sind es heute eine Menge Leute, die mit Internet versorgt sind. Hier gibt es also ein großes Marktpotential. Hier erwarte ich mir große Impulse in Richtung Applikationen. Von der Infrastrukturseite, denke ich, wird es eine große Herausforderung sein, jetzt 3G einzuführen. Die neue Technologie TDS-CDMA hat hier in China seinen Ursprung. Und wir sind ganz gespannt, wie schnell und wie gut diese Technologie eingeführt wird, da wir in einem Joint Venture daran beteiligt sind."
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