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Kulturbotschafter der deutschen Märchenstraße
   2006-11-30 14:06:03    cri

Michael Boyer ist seit fast 13 Jahren als Rattenfänger-Darsteller in Hameln tätig. Aufgewachsen war er in Amerika, dort hatte er seine erste Begegnung mit der Sage des Rattenfängers von Hameln:

"Ich kannte die Geschichte aus Amerika, in der Schule war der Rattenfänger Teil des Lesebuches in der dritten Klasse. Alle Schulkinder lernten die Rattenfängersage mit anderen Märchen zusammen. Ich fuhr später in Deutschland auf der Autobahn und sah ein Schild 'Hameln'. Das Spannende ist, dass der Schwerpunkt der englischen Version natürlich auf die armen Kinder gelegt ist. Ich sagte, 'Hameln, ist das nicht die Ortschaft, wo dieser Flötenspieler die Kinder entführt hat?' 'Nein', antwortete meine deutsche Freundin, 'das ist die Ortschaft, die der Rattenfänger von der Rattenplage befreit hat!' Und so haben Menschen mit zwei verschiedenen Sprachen zwei verschiedene Schwerpunkte in der Rattenfängersage."

Als unprofessioneller Schauspieler, Musiker und Reisefan hat Michael Boyer anhand seiner generellen Erfahrungen bei der Auswahl eines Rattenfänger-Darstellers den Job bekommen. Michael Boyer liebt seine Arbeit, weil sie ihm sehr viel Spaß bereitet:

"Jeden Tag lernt man neue Menschen kennen. Stellen Sie sich vor, zu einem Arzt kommen Menschen, die krank sind. Er soll ihre Probleme lösen. Oder ein Schuhmacher. 'Mein Schuh ist kaputt,' Aber auch andere Menschen bringen oft Arbeit, die Leute haben Probleme, die zu lösen sind. Meine Besucher jedoch haben Urlaub, und sie kommen nach Hameln und wollen Spaß haben. Und das möchte ich auch! Und so habe ich es viel, viel leichter. Meine Besucher sind guter Stimmung, wenn sie nach Hameln kommen. Es ist meine Aufgabe, ihnen einen schönen Aufenthalt zu garantieren."

Zur Routinearbeit des Rattenfängers gehört die Beantwortung von Fragen aus aller Welt. 'Warum warst Du so böse?' schreiben ihm z.B. Schulkinder. Der Rattenfänger ist auch zu buchen. Wenn Touristen nach Hameln kommen, heißt der Rattenfänger sie willkommen und macht eine Stadtführung für sie. Auch wenn eine neue Brücke eingeweiht wird, schneidet er das Band durch. Oder er geht in alle Welt, um Hameln, Niedersachsen und Deutschland zu repräsentieren.

Der Rattenfänger hat 2002 China zum ersten Mal besucht. Anläßlich des 30. Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland hat man in Beijing sehr schön gefeiert. Michael Boyer sagte, dass China für ihn ein Land ist, sehr extrem und kontrastreich. Und er fühlte sich genau so gut aufgenommen wie in Deutschland und Europa:

"In China finde ich vor allem große Kontraste, es ist sehr laut, aber auch recht leise. In den Tempeln ist es sehr leise, und die Stadt ist oft sehr laut. Oder es ist manchmal sehr grau, dann abends ist es sehr hell, weil es viele Lichter und Lampions gibt. Und ich lerne hier unglaublich viele nette Menschen kennen. Am Anfang war ich ein bisschen überrascht und habe gedacht: Die sind vielleicht sehr trocken und sehr fremd. Das war aber gar nicht so! Von Anfang an haben sich alle Menschen bei festlichen Anlässen und anderen Veranstaltungen genau so gefreut, den Rattenfänger kennenzulernen, wie die Leute in Deutschland und in Europa."

Wie Michael Boyer uns mitteilte, hat er in letzter Zeit praktisch jedes Jahr Arbeit in China verrichtet, sei es auf einer Messe oder auf einer Feier, bei denen man den Rattenfänger holte. Als Kulturbotschafter Deutschlands im wahrsten Sinne des Wortes hält Michael Boyer seine Arbeit für sinnvoll:

"Kultur ist immer gut für die Völkerverständigung, weil Kultur immer mit Emotionen verbunden ist. Es wird behauptet, dass, was man sagt, vergessen wird oder dass, was man tut, verziehen wird. Aber wenn man Emotionen ausgelöst hat, wird man das nicht so schnell vergessen können. Und deshalb ist Kultur der richtige Weg. Wenn die Leute Kultur genießen und Emotionen dabei entwickeln, dann vergessen Sie das nicht. Musik ist die Schönste, weil sie jeder versteht, ohne zu sprechen. Und die Sprachkultur ist das Nächste, Märchen und Sagen sind eine Urform der Kommunikation, da sind Gemeinsamkeiten zu finden, genau wie in der Musik. Hier kann man sehr gut ansetzen."

Statistiken zufolge stand China im März dieses Jahres zum ersten Mal an der Spitze der Herkunftsländer von ausländischen Touristen in Hameln. Wir wünschen beiden Völkern, dass sie sich immer näher kommen und dem Rattenfänger wünschen wir weiterhin viel Spaß bei seiner Arbeit!

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