San Sicario - Deutschlands Schneekönig ist nur 176 Zentimeter groß und nach eigener Aussage "ein vollkommen normaler Mensch."
Biathlet Michael Greis, der dreimal Gold gewann und damit mehr leistete als alle deutschen Winter-Olympioniken der Geschichte, freute sich auf seine Freundin Katja, die Empfänge in der Wahlheimat Ruhpolding und im Elternhaus in Nesselwang.
Er hat keine Ahnung, was er mit den 100.000 Euro machen soll, die er als Lohn für die Gala-Vorstellung in Italien kassiert, und kündigt an: "Ich bin der Gleiche wie vorher und werde der Gleiche bleiben."
Abreise verzögert sich
Eigentlich wollte Michael Greis schon am Samstag nach sieben Wochen der Trennung seiner Katja in die Arme fallen. Aber nach dem Gold-Coup bei der Olympia-Premiere des Massenstarts, dem dritten Olympiasieg des Überraschungs-Mannes aus dem Allgäu nach 20-km-Enzellauf und Staffel, verzögerte sich die Abreise.
"Die Siegerehrung in Turin musste ich noch mitnehmen", entschuldigte sich Greis artig und widmete sein drittes Gold als Entschädigung der Katja.
Die studiert in Kempten Betriebswirtschaft und hatte Verständnis. So wie schon oft, wenn ihr Michi irgendwo in der Welt unterwegs war, oder in den heimischen Bergen einen Teil seiner ungefähr 9000 jährlichen Trainingskilometer abspulte.
Erst Fußball, dann Leichtathletik, dann Ski alpin
"Der Michi war schon immer ein Sportler durch und durch", meint Mutter Annemarie den Grund für die große sportliche Karriere ihres Sohnes zu kennen.
Erst habe er Fußball gespielt, dann war er Leichtathlet und dann Alpiner. Als Elfjähriger wechselte der kleine Michi zum Langlauf. "Und dann hat er sich beim Biathlon festgebissen", erzählt Vater Josef, der ein Bestattungsunternehmen führt: "Das Durchsetzungsvermögen hat er von der Mutter geerbt. Unser Michi."
Förderstelle in größter Gefahr
Und durchsetzen musste sich der Greis Michi immer. Einst, als er in einer Kiesgrube in Nesselwang unter "grässlichen Bedingungen", wie DSV-Chef Alfons Hörmann schildert, seine Biathlon-Fähigkeiten schulte.
Und vor allem später, als er an der Klasse der deutschen Elite-Skijäger schier verzweifelte und 1996 überlegte, Biathlon aufzugeben.
Die Qualifikation für das zweitklassige Europacup-Team war kaum zu schaffen, die Förderstelle bei der Bundeswehr in größter Gefahr. Aber der Michi kämpfte sich in das Team, damit war die größte Klippe auf dem Weg vom Nobody zum König von San Sicario umschifft.
Seit 2000 im Weltcup
"Bei mir ging es nie steil nach oben. Immer nur bescheiden, aber stetig. Einen kleinen Schritt nach dem anderen", schildert er seine Karriere.
Erst 2000 konnte er sich in die Weltcup-Mannschaft kämpfen. Da war er schon 24 und in der Hackordnung der Oberhofer und Ruhpoldinger ein krasser Außenseiter.
Im Januar 2002 gelang als Zweiter in Ruhpolding der erste Spitzenplatz im Weltcup. Ein Jahr später in Chanty Mansijsk durfte er zum ersten Mal ein WM-Rennen laufen, und zur WM 2004 hatte er sich in die deutsche Gold-Staffel gekämpft. 2005 gelang in San Sicario der erste Weltcupsieg, der goldene Olympia-Auftakt schien der nächste Schritt nach vorn.
Ritterschlag von Björndalen
Aber dann ging es endlich mal blitzartig nach oben in der Karriere des Quereinsteigers, den Bundestrainer Frank Ullrich seinen "akribischsten Arbeiter" nennt.
Dreimal Gold, Aufstieg zum Superstar im Schnee und Ritterschlag von Biathlon-König Ole Einar Björndalen. "Ich war der König in Salt Lake City. Jetzt ist Greis der König. Ich werde mir in den nächsten Jahren noch viele harte Kämpfe mit ihm liefern", sagt der fünfmalige Olympiasieger aus Norwegen.
2010 im Visier
Und Greis ahnt, was auf ihn zukommt: "Jetzt kommen wieder die normalen Tage, aber ich werde nicht abheben. Ich weiß, wieviel Glück ich hatte, und werde nicht heimkommen und meine Medaillen zählen."
Aber gewinnen will er, der Greis Michi. Vielleicht sogar noch den Gesamtweltcup und möglichst viele Rennen. Mindestens bis Vancouver 2010: "Kanada ist bald mein großes Ziel. Aber vorher will ich endlich zur Katja."
(sport1.de)
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