Jahr für Jahr treffen sich zum Auftakt eines Jahres im Januar oder Februar in Davos im Schweizer Kanton Graubünden Spitzenpolitiker, Wirtschaftsführer- und experten, Journalisten und Wissenschaftler von internationalem Rang, um in dem Schweizer Wintersportort die globalen Herausforderungen der Zeit zu erörtern. Das 1971 von dem Wirtschaftsexperten Klaus Schwab ursprünglich mit europäischen Akzentsetzungen ins Leben gerufene Forum hat sich im Laufe seines Bestehens als heutiges Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum – WEF) zu einer vielbeachteten Weltbühne der internationalen wirtschaftlichen „Großwetterlage" entwickelt.
Das WEF 2017, das nunmehr 47., öffnet seine Tore am 17. Januar. Es zählt so viele Teilnehmer wie nie zuvor, nämlich mehr als 3000 aus über 100 Ländern der Erde, neben ca. 1200 Unternehmensführern auch 10 Nobelpreisträger. Was die Spitzenpolitiker angeht, ist die erstmalige Teilnahme eines Staatschefs der VR China als herausragend zu bezeichnen. Wie die Konferenzleitung bekannt gab, wird Staatspräsident Xi Jinping von der grössten Delegation chinesischer Beamter begleitet, seit das Land erstmals 1979 am Jahrestreffen teilnahm. Das Forum hat seine Wertschätzung für diese Teilnahme u.a. dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Präsident Xi die Eröffnung des Forums übertragen wurde. Ebenfalls am diesjährigen WEF in Davos teilnehmen werden u.a. die britische Premierministerin Theresa May, der neue UNO-Generalsekretär António Guterres sowie die noch zur Obama-Administration gehörenden US-Vizepräsident Joe Biden und US-Außenminister John Kerry. Aber auch Mitglieder des sogenannten Übergangsteams des gewählten künftigen US-Präsidenten Donald Trump sollen der US-Delegation angehören.
Das diesjährige Jahrestreffen steht unter dem Motto «Responsive and Responsible Leadership». Es zielt ab auf eine Führung, die auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht und verantwortungsbewusst handelt. Welche konkreten Bereiche das berühren soll, machen die vier Themenblöcke deutlich, die ganz vorne auf der Agenda des WEF 2017 stehen: Wege zu mehr Wirtschaftswachstum, Bekämpfung der sozialen Ungleichheit und der mit ihr verbundenen Risiken, Folgen der voranschreitenden Digitalisierung und die internationale Kooperation.
Die tragende Rolle, die Präsident Xi hier zugedacht ist, gibt zu Hoffnungen für die Wertigkeit des Forums Anlass. In diesem Zusammenhang ist zunächst einmal die Rolle Chinas als Motor der Weltwirtschaft und Volkswirtschaft von überragender Bedeutung zu nennen. So konnten vor nur wenigen Monaten die Medien vermelden, dass nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds nach Maßgabe des Bruttoinlandprodukts China an den USA als größte Volkswirtschaft in der Welt vorbeigezogen sei. Zum anderen ist aber auch an die chinesische G20-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016 mit dem eindrucksvollen Gipfel in Hangzhou zu erinnern. Gerade in einer besonders kritischen Lage der Weltwirtschaft hat sich Präsident X als sensibler Krisenmanager präsentiert. Unter seiner Regie wurden Wege etwa zu einer Weltwirtschaft in Solidarität und Partnerschaft, zu neuer Wachstumsdynamik und zur Revitalisierung des internationalen Handels aufgezeigt. Verabschiedet wurde ein ermutigender "Hangzhouer Aktionsplans für die Weltwirtschaft".
Es liegt also nahe, dass gerade der Präsident eines Landes, das seit vielen Jahren durch im Industriestaatenvergleich weit überdurchschnittliche Wachstumsraten herausragt, auch auf dem WEF 2017 wichtige Fingerzeige geben kann, welche Wege zu mehr Wirtschaftswachstum beschritten werden könnten. Und das Digitalisierungsthema ist ein Bereich, mit dem sich die chinesische Politik ebenfalls intensivst befasst, im Kontext mit dem ehrgeizigen Projekt „Made in China 2025". Von besonderer Bedeutung ist die Teilnahme und Rolle Präsident Xis aber nicht zuletzt wegen eines Themas, das nicht zum offiziellen Themenkatalog in Davos gehört, das aber in besonderem Maße dort präsent sein dürfte: Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA. Die Signale Trumps im Wahlkampf deuteten auf eine neue protektionistische Ära in den USA. Der offene Welthandel wurde für Arbeitsplatzverluste und wirtschaftliche Schwäche in den USA verantwortlich gemacht. Gerade Davos steht aber ganz im Gegenteil für freien Welthandel. Das Plädoyer für wirtschaftliche Offenheit gehört zur Gründungsphilosophie des Forums. Hierauf geht auch der aktuelle jährliche Risikobericht des WEF ein, der u.a. auf eine aufschlussreiche Binnenstudie von Ökonomen in den USA verweist: Hiernach sind 86 % der Arbeitsplätze, die zwischen 1997 und 2007 im verarbeitenden Gewerbe der USA gestrichen wurden, auf den technischen Fortschritt zurückzuführen. Dagegen sind lediglich 14 % der Arbeitsplatzverluste durch die ausländische Konkurrenz verursacht. Die Verfasser des Risikoberichtes geben damit ein deutliches Signal gegen die Rhetorik des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, mit Strafzöllen gegen nicht in den USA produzierte Produkte vorzugehen. Dies wird Präsident Xi wesentlichen Rückenwind verleihen, in Davos mit deutlichen Worten für den offenen Welthandel eine Lanze zu brechen.