Angehende Bräutigame in China haben sich immer beklagt, dass ihre potentiellen Schwiegermütter die Haupttreiber der Erhöhung der Wohnungspreise wären, da sie darauf beständen, dass der Mann, der um die Hand ihrer Tochter anhält, vor der Heirat eine Wohnung kaufen muss.

Traditionsgemäß geht man in China davon aus, dass der Besitz eines Hauses oder einer Wohnung eine glückliche Ehe garantieren kann. So sei der Bräutigam verpflichtet, die Wohnung für beide zu kaufen.

Einen solchen Ruf könnten chinesische Schwiegermütter nunmehr jedoch ablegen, da immer mehr Single-Frauen ihre Wohnungen zum persönlichen Gebrauch kaufen, teils mit Unterstützung der Eltern, teils auf eigene Kosten.

Nach Überprüfung von mehr als 68.000 Transaktionen im vergangenen Jahr in zwölf großen und mittelgroßen Städten stellten Experten fest, dass etwa 47 Prozent der Käufer der auf der Immobilienwebseite verkauften Wohnungen Frauen sind, in der Altersklasse von 30 bis 50 Jahren.

Song Yueping, Forscherin an der Remin-Universität, bezweifelt, dass der neue Trend die gesamte Situation befriedigend erklären könne. Schließlich gebe es nach wie vor eine große Kluft zwischen der Anzahl männlicher und der weiblicher Wohnungskäufer, hätten die Statistiken von 2010 bis 2016 gezeigt.

Dennoch räumte sie ein, dass immer mehr Single-Frauen, die über 30 Jahre alt sind, im Vergleich zu gleichaltrigen Männern, eine Wohnung kaufen wollen. Im Jahr 2016 kauften 22,8 Prozent der Single-Frauen im Alter von über 30 Jahren Wohnungen, während der Anteil bei gleichaltrigen Männern lediglich bei 19,6 Prozent lag.

Li Yinhe, in Beijing ansässige Soziologin und Sexologin, sagte, der Trend deute darauf hin, dass hoch gebildete und gut verdienende Frauen zunehmend von Männern bzw. dem Eheleben unabhängig sein würden.

„Frauen sind sich mittlerweile bewusst, dass sie nicht unbedingt heiraten müssen, um eine Familie zu haben und ein gutes Leben zu genießen. Sie finden es viel besser, sich auf sich selbst zu verlassen", sagte sie: „Dies stellt zweifelsohne die traditionellen Geschlechterrollen infrage".