Das wurde auch einmal Zeit! Ein gutes Jahr lebe ich nun in China und tue hier möglichst alles, was man in China tun muss. Auch beim Reiskonsum versuche ich, den Standard zu halten: 91 Kilo Reis soll der herkömmliche Chinese im Jahr verzehren, heißt es. Nun ja… ich mag lieber Nudeln. Wie auch immer: Ich habe heute zum ersten Mal meine erste Reisfabrik besucht. Nun weiß ich auch, wo die über 203 Millionen Tonnen Reis so herkommen, die die Volksrepublik jährlich so produziert. Zumindest 150.000 Tonnen davon.

Mingtai liefert seinen Reis in fünf weitere Provinzen

Heute waren wir zu Besuch beim Reisunternehmen Mingtai im Kreis Huarong in der Provinz Hunan. Mingtai wurde 2003 gegründet. Es ist das größte Reisunternehmen für Reisverarbeitung im Norden der Provinz Hunan. Mit einer Fläche von 80.000 Quadratmetern können in der Fabrik 100.000 bis 150.000 Tonnen Reis produziert werden. Das sind etwa 400 Tonnen Reis pro Tag. Auf den ersten Blick erinnern die Silos und Hallen voller Säcke voller Reis an eine Getreidefabrik. Sowas besucht man als Grundschüler im Rahmen des Sachunterrichts in Ostwestfalen. Und ich bin mir sicher, dass die eine oder andere chinesische Schulklasse auch schon einmal im Gänsemarsch durch eine Reisfabrik marschiert ist. Jetzt habe ich also gelernt, was in China jedes Kind weiß: Der Reis wird angebaut, geerntet, bei Mingtai oder einem anderen Unternehmen abgeliefert, gedroschen, getrocknet, von seiner Schale befreit, geschliffen und in Säcke gepackt.

Bei Mingtai erhalten die Bauern für ihren Reis mehr als gesetzlich vorgeschrieben

Im Jahr 2007 hat das Unternehmen Mingtai mit 5280 Bauern aus der Region eine Reisproduktionsgemeinschaft gegründet. Die Bauern erhalten ihr Saatgut von Mingtai gratis, dafür liefern sie die Ernte eben genau hier wieder ab. In der Abgabestelle laufen wir tatsächlich einem Bauern über den Weg, der einen Batzen 100-Yuan-Scheine für seine Beute entgegennimmt. Für ein Pfund Reis erhält er hier 2,6 bis 3 Yuan. Für den hochwertigsten Reis gibt es sogar 8 bis 10 Yuan pro Pfund. Der Bauer freut sich über das Geschäft, sind doch die hier gezahlten Reispreise höher als der staatlich vorgegebene Mindestpreis. Die Fläche, auf der die Bauern ihren Reis anbauen, beträgt 66,7 Quadratkilometer, davon wird auf 40 Quadratkilometern ökologischer Reis angebaut. Mingtai verkauft in die Provinzen Sichuan, Hubei, Guangdong, Guangxi und Fujian.

Soweit das Auge reist - 400 Tonnen Reis am Tag werden hier produziert.

Beim Abendessen gibt es dann tatsächlich Reis von Mingtai. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der wesentlich besser schmeckt als der Reis, den ich sonst esse. Aber ich glaube auch mich zu erinnern, dass das Brot aus Mehl von der besichtigten Getreidefabrik damals in der Grundschule auch wesentlich besser geschmeckt hat als anderes Brot. Da lobe ich mir doch den Sachunterricht.