Durch Changsha, die Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hunan, verläuft der Xiangjiang-Fluss, ein Arm des Jangtse-Flusses. Es gibt kaum etwas Wirtschaft fördernderes als die Lage an einem viel befahrenen Gewässer. Dass sich das seit 1300 Jahren nicht geändert hat, erfährt man heute in Changsha noch durch einen Besuch der alten Porzellanbrennerei Tongguanyao.
Keramik-Scheiben meterhoch aufgestapelt erzählen vom Gedeihen der Brennöfen in der späten Tang-Dynastie und in der Zeit der Fünf Reiche. In der heutigen Provinz Hunan. Bis in die 1950er Jahre hinein war man sich hier jedoch noch nicht bewusst, wie sehr die Tonwerkstätten schon zur damaligen Kultur der Region gehörten. Doch nach der Entdeckung des Brennofens Tongguanyao gab es an dieser Tatsache keinen Zweifel mehr. Changsha war im 7. und 8. Jahrhundert eine Hochburg der Tonbrennerei.
Bis heute werden im Tongguanyao noch Ausgrabungen gemacht. Im um die Ausgrabungen aufgebauten Museumskomplex gibt es für Besucher, Porzellanliebhaber und Archäologen noch die Töpferei und den Brennofen selbst. Beide sind gut erhalten und noch so nachvollziehbar, dass erkennbar ist, wie damals, vor 1300 Jahren, in Changsha der Ton zunächst verarbeitet wurde und wie die fertigen Produkte dann durch Verzierungen eine eigene Note erhielten.
Auf den gefertigten Produkten sind bis heute die Namen Zhai, Zhou und Yuan erkennbar. Es handelte sich bei der Brennerei also um ein Joint Venture aus mehreren Partnern, die sich das Geschäft schon damals teilten. Eingeritzte Daten weisen darauf hin, dass bereits im 9. Jahrhundert hier hochwertige Keramiken gebrannt wurden. Brennsteine und Brandflecken deuten darauf hin, dass der Ofen noch längst nicht aus war, als das Geschäft beendet wurde. Historiker vermuten, dass die Ofenanlage in einem Krieg Hals über Kopf verlassen wurde.
Die Töpferei-Werkstatt ist, so wird das genannt, ein „Drachenbrennofen". Also drachenförmig aufgebaut: Sie steigt wellenförmig den natürlich vorhandenen Hügel hinauf. Bis heute sind verschiedene Stationen der damaligen Arbeit noch gut erhalten: ein Loch zur Tongewinnung, eines zur Waschung, die Töpferei Werkstatt, der Teich, an dem Verzierungen geformt wurden, Trockenstelle, etc. Insgesamt ist diese alte Anlage effizient in drei Bereiche unterteilt: Formung, Verzierung und Trocknen. Raffinierte Behältnisse wurden hier produziert und mit bekannten Versen und hübschen Farben und Zeichnungen versehen. Die Berge an Scherben zeigen, wie gut das Geschäft dieser Tonbrennerei in der Tang-Dynastie lief. Das Besondere an den in Changsha verarbeiteten Waren war aber nicht nur die Keramik selbst, sondern die für die damalige Zeit sehr fortgeschrittene Verarbeitung mit verschiedenen hochwertigen Farben. Die Farben wurden aus feinstem Ton und Pflanzenasche hergestellt. Die Handwerker meisterten schon in der damaligen Zeit Rezepte für blau, weiß, grün, schwarz und einige mehr. Zumeist verwendeten sie verschiedene Mengen an Eisen und Kupfer für unterschiedliche Farben.
Besonders beeindruckend bis heute ist der Ofen. Er konnte bis zu 10.000 Porzellanschüsseln zugleich brennen und auf eine Temperatur von bis zu 700°C erhitzt werden. Über 40 Meter steigt der Ofen den Hügel hoch. Durch seine aufsteigende Lage verteilte sich die am Rand des Ofens erzeugte Hitze gut und gleichmäßig und war so energiesparend. Es gab zu dieser Zeit noch keine Möglichkeit, die Temperatur innerhalb des Ofens zu messen. Klar muss aber gewesen sein, dass starke und regelmäßige Hitze die besten Ergebnisse brachte. Man selbst sah sich da aber nur begrenzt in der Verantwortung. Unten am Hügel, vor dem Anzünden, huldigten die Brennerei-Arbeiter dem Feuergott. Dabei war es bestimmt, das zeigt die Ruine bis heute, viel mehr die Geschäftstüchtigkeit und Kreativität der Arbeiter selbst, die hier zu einem sehr frühen Erfolg führten.
Text und Fotos: Emilie Cherlet