Die gesetzlichen Feiertage zum chinesischen Neujahrsfest sind gerade vorbei. Dank der Verbreitung der neuen sozialen Medien haben die Chinesen dieses Jahr viel innovativer gefeiert, vor allem beim Verteilen der Geldgeschenke. Traditionell werden Hongbao, rote mit Geld gefüllte Umschläge, zum Frühlingsfest an Kinder verschenkt. Allmählich schenkt nicht nur die ältere Generation den Nicht-Erwachsenen in der Familie Hongbao, sondern auch der Chef seinen Angestellten. In den eben vergangenen Feiertagen aber war das ganze Land im E-Hongbao-Fieber, da große chinesische Internetkonzerne ein Hongbao-Verschenken mit Hilfe von Handy-Apps durch eine elektronische Überweisung ermöglicht hatten.
Obwohl der chinesische Online-Gigant Tencent bereits 2014 eine App namens „Hongbao zum Neujahr" anbot, hat der E-Hongbao erst dieses Jahr wegen reger Teilnahme auch der Internetgiganten Alibaba und Baidu die riesige Aufmerksamkeit der Internet-Nutzer in China erregt. Dabei kann man E-Hongbao, statt sie lediglich unter Verwandten oder Bekannten zu überreichen oder zu erhalten, auch von prominenten Persönlichkeiten oder Unternehmen bekommen. Das heißt, die Personen und Firmen verteilen auf unterschiedlichen Online-Plattformen Milliarden E-Hongbao, um einen möglichst hohen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit zu erlangen.
Statistiken zufolge hat die Zahl der E-Hongbao auf der Chat-App Wechat am chinesischen Silvesterabend (18.02) gut eine Milliarde erreicht, also 200 Mal so viel wie im Vorjahr. Beim Instant Messaging-Netzwerk QQ wurden etwa 640 Millionen E-Hongbao verteilt und erhalten. Diese haben gut 150 Millionen Chinesen eingeheimst. Auch das Onlinebezahlsystem AliPay gab an diesem Tag eine Hongbao-Summe von vier Milliarden Yuan RMB (knapp 600 Millionen Euro) in 240 Millionen Hongbao zum Abschuss frei. Der Mikroblogging-Dienst Weibo hat ebenfalls über 15 Millionen Internet-Nutzer mit mehr als 100 Millionen Hongbao erfreut.
Die E-Hongbao-Tendenz ist aber im Laufe der Feiertage auf immer größere Kritik gestoßen, da das Neujahr als das wichtigste Familienfest in China erachtet wird. Der Kampf um E-Hongbao solle da nicht im Fokus stehen. Es sei schade, dass viele Chinesen, statt mit den Eltern, Familienmitgliedern oder Freunden das Fest gemeinsam zu genießen, oftmals nur auf das Handy konzentriert waren, um keine verteilten E-Hongbao zu verpassen.
Das Internet hat das tägliche Leben stark verändert. Gleichzeitig gilt das Smartphone als wirksames Mittel, um Kommunikation zu verbessern, beziehungsweise große Distanzen zu überbrücken. Trotzdem, so die allgemeine Meinung, sei es nicht richtig, dass die wenige Zeit mit Eltern und Bekannten in Abhängigkeit der mobilen Netzwerke gerät. Mehr Wert auf gemeinsame Mahlzeiten, Familienrituale und eine schöne Zeit mit den Lieben solle man legen, ist jetzt der gemeine Konsens. Der Gedanke kommt nach dem Neujahrsfest und nach den Milliarden von Hongbao.