Das Autonome Gebiet Innere Mongolei ist bekannt für seine endlosen Steppen und die Hirten, die diese bewohnen. Mit dem Rückgang des Graslandes in den letzten Jahren wurde aber auch das Einkommen der Viehhirten immer stärker bedroht. Andere Einkommensmöglichkeiten wurden gesucht und in der Tourismusbranche gefunden.
Beim Urlaub in der Inneren Mongolei in einer Jurte zu übernachten, bringt den Gästen die mongolische Kultur auf eine ganz persönliche Weise nahe.
Der 37-jährige Ulanhu lebt in der Gemeide Bayin'aobaosumu (巴音敖包苏木) im Vereinigten Darhan-Muminggan-Banner in der Inneren Mongolei. Bis 2013 arbeitete er noch als Viehhirt, dann entschloss er sich jedoch, einen Kredit aufzunehmen und sein Weideland zu einer Ferienanlage umzubauen. Nicht einmal zwei Jahre später können Reisende hier 16 Jurten mieten. Jede Jurte kostet 180 Yuan Renminbi (etwa 25 Euro) pro Nacht und bietet Platz für bis zu sechs Personen. Weitere elf Jurten stehen für besondere Anlässe und Feste zur Verfügung. Sie könnten bis zu 300 Personen bewirten, erklärt Ulanhu. Die Maximalzahl von Übernachtungsgästen liege bei etwa 100 Personen. Die nötigen Lebensmittel für die Festessen und die Versorgung der Übernachtungsgäste kauft er von den umliegenden Bauern.
Wenn jedoch die Gäste ausbleiben, so gibt es auch für Ulanhu kein Einkommen. Ohne Nebenverdienst muss der 37-Jährige in der Touristenzeit von April bis Oktober daher genug Geld verdienen, um sich auch im Winter, wenn keine Gäste da sind, ernähren zu können.
Die Flaute der Wintermonate spüren auch die Viehhirten in der Durong-Steppe. 17 Kilometer nordsüdlich von der Gemeinde Bailingmao entfernt hat die Regierung 1,8 Millionen Yuan RMB (rund 253.300 Euro) investiert, um mongolische Jurten und hochmoderne Wohnungen für Touristen aufzubauen.
Wer nicht in einer traditionellen Jurte leben will, kann auch eine solche Ferienwohnung mieten.
Während der Touristenzeit bieten die Viehhirten aus dem Umland den Gästen ihre Dienstleistungen an. Sie verkaufen Fleisch und vermieten Motorräder für die Fahrt durch die weiten Steppen. Die Gäste können außerdem reiten oder sich auf einem Pferd sitzend führen lassen. Durchschnittlich 3.500 Yuan RMB (knapp 500 Euro) im Jahr können die Hirten auf diese Weise zusätzlich verdienen. In den Wintermonaten, wenn keine Touristen da sind, die ihre Angebote in Anspruch nehmen, kehren sie auf ihr Land zurück und züchten Schafe.
Doch die Abhängigkeit von der Touristensaison ist nicht das einzige Problem. Tourismus in Form von Ferienwohnungen hat sich erst vor kurzem für die Bewohner der innermongolischen Steppe als Einkommensmöglichkeit eröffnet und die Viehhirten haben daher keinerlei Erfahrung. Sie hatten keine Ausbildung und es gibt für sie nur wenige Vorbilder, an denen sie sich orientieren können. Sie müssen daher jetzt Jahr für Jahr eigene Erfahrungen sammeln und aus ihren Fehlern lernen. Nur so können sie mehr Menschen dazu bringen, die Steppen der Inneren Mongolei zu besuchen und dabei die Kultur durch Ferienwohnungen der besonderen Art kennenzulernen.
Text und Foto: Sabrina Sicking