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Mehrsprachigkeit der Tibeter in Qinghai: Viele Grenzen, neue Möglichkeiten
  2014-10-15 16:34:05  cri

Sein Wunsch ist es, wenn er erwachsen ist, nach Amerika oder England zu gehen. Auf die Frage, für wann er denn genau seine Abreise geplant hat, sagt er: „Wenn ich 22 bin". Und Wissenschaftler, ja Wissenschaftler in der Chemie, möchte er gern werden. Es sind die Träume des 14-Jährigen Duo Chisan, die hier schüchtern und in kurzen Sätzen von dem Jungen preisgegeben werden. Sein Chinesisch ist besser als sein Englisch, und sein Tibetisch wiederum ist besser als sein Chinesisch. Denn Duo Chisan ist in der chinesischen Provinz Qinghai aufgewachsen. Ein Fünftel der Bevölkerung gehört hier der tibetischen Minderheit an. Immerhin befindet man sich im tibetischen Hochland. Die meisten Kinder, die hier aufwachsen, lernen von Haus aus nur Tibetisch. Da sich ein Großteil der tibetischen Bevölkerung von Viehzucht ernährt, ist diese Sprache zumindest für den täglichen Gebrauch ausreichend. Aber was, wenn jemand mehr will? Wie Chisan, der ja nicht nur einfach aus Qinghai raus möchte, sondern gleich aus China. Hier stoßen die Tibeter an ihre Grenzen. Die chinesische Regierung versucht, diesem Problem mit multilingualen Schulen beizukommen. Duo Chisan besucht eine solche Schule. Die „Zweite Internatsgrundschule für ethnische Minderheiten im Kreis Gonghe"(共和县第二民族寄宿制小学). Ab dem ersten Schuljahr wird hier Chinesisch unterrichtet. Ab dem dritten Schuljahr folgt die zweite Fremdsprache, Englisch. Viele der Schüler sind für ihre Klassenstufe hier im chinesischen Vergleich zu alt. So besucht Duo Chisan mit 14 die vierte Klasse, die in China eigentlich mit zehn Jahren besucht wird. Gründe für solche Verzögerungen gibt es viele. Eher als mit mangelnden Leistungen in der Schule, haben sie zumeist mit den praktischen Lebensumständen der Tibeter zu tun: Wenn zu Hause das Vieh gehütet werden möchte, schickt man den ältesten Sohn nur zögerlich auf die Internatsschule, denn dann fehlt im Haus eine Arbeitskraft.

So versucht die staatlich organisierte Schule, den tibetischen Haushalten den Schulbesuch so unkompliziert und umsetzbar wie möglich zu gestalten. Die etwa 1300 Schüler kommen aus drei Dörfern und Randbezirken der Stadt. Manche Eltern müssen 200 Kilometer fahren, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Eine Entfernung, die bei nicht existentem öffentlichen Personenverkehr und nicht immer gut ausgebauten Bergstraßen mindestens drei Stunden in Anspruch nimmt. Viele Eltern bringen ihre Kinder noch mit dem Motorrad zur Schule. Man muss sich jedoch organisieren, denn für die ethnischen Minderheiten gilt nicht die Ein-Kind-Politik. Hier möchte oftmals nicht nur ein, sondern zwei oder drei Kinder zur Schule gebracht werden. Hier hilft die Tatsache, dass die Kinder ihre Wochenenden nicht zu Hause verbringen, sondern im Monat nur einmal nach Hause fahren, dann aber für sieben oder acht Tage am Stück. Eine solche Zeiteinteilung löst im Ansatz gleich zwei Probleme: Die Arbeitskräfte in den tibetischen Haushalten können besser eingeteilt werden, da die Kinder länger am Stück zur Verfügung stehen, und in der Schule kann das Unterrichtsniveau regelmäßiger aufrecht erhalten werden. Trotzdem muss die Schule durch die Lebensumstände im tibetischen Hochland da Abstriche machen. Es gibt einen staatlich vorgegebenen Lehrplan, der nach Möglichkeit eingehalten wird, aber nicht ganz so strikt wie in anderen chinesischen Schulen. Jeden Tag geht der Unterricht von 8:30 Uhr bis mittags, und dann weiter bis kurz vor fünf. Vormittags gibt es, wie überall in China für alle, inklusive den Lehrern, eine halbe Stunde Morgengymnastik, die hier in Form von Tänzen zu tibetischer und chinesischer Musik stattfindet. Zwölf Unterrichtseinheiten Chinesisch erhalten die Schüler jede Woche. Wann hier Chinesisch, Tibetisch, Englisch oder Mathe unterrichtet wird, entscheiden die Lehrer häufig selbst, je nach Verfassung der zu unterrichtenden Klasse.

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